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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

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Heft 24 (2. Septemberheft 1919)
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Herter, H.: Nochmals: volkstümliche Philosophie
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Volkshochschulfragen, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0264

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Es ist m. E. gar nicht ausgeschlossen, daß gerade ein solches Zeitalter in
der Weise „transzendental" philosophieren wird, wie dies heutige Träger
des Sozialismus nicht gern tun. tz. Herter

Volkshochschulsragen 2

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s ist hier von Aufbau der Volkshochschulen, von Unterstufen und ähn-
I^^lichem gesprochen worden. Was war gemeint? Die „Schüler", alle nur
^»^tzörenden und Lernenden einer Volkshochschule, bilden (im Gegensatz zu
den „Iahrgängen" einer Schule) eine in sich nach Vorbildung, Sonderbefähi-
gungen, ausgeprägten Charaktereigenschaften stark differenzierte Gruppe.
Leute, die schon jahrelang Käfer gesammelt oder Bücher über Philosophie
geleseu haben, schreiben sich ein neben solchen, die gerade das kennen lernen
möchten, was sie noch gar nicht kennen; halbe Analphabeten neben Privat-
sekretären bekannter Redakteure; gelehrige Achtzehnjährige, welche eben die
Fortbildungschule verließen, neben Fünfzigjährigen, die seit sünfunddreißig
Iahren keine Elementarkenntnisse frisch erwarben, und so fort. Was eine
Volkshochschule bei ihrer Gründung schon zu bieten hat, ist darum: eine
Stelle, wo die Suchenden beraten werden und wo eine Befähigung-
prüfung stattfindet. Auch die letztere soll nur raten, nicht befehlen und
verbieten; nichtsdestoweniger soll sie obligatorisch sein, wenn nicht gewisse
sie ersetzende Zeugnisse vorgelegt werden. Man soll einen tzörer, eine
Hörerin nicht erst zwei Halbjahre „herumprobieren" lassen, was sie wohl
von den angekündigten Vorlesungen zu bewältigen vermögen (das ergebnis-
lose, entmutigende Herumprobieren kann noch länger als ein Iahr dauern,
wenn im zweiten Halbjahr viel neue Vortragende auftauchen!). Der Am-
krcis der beratenden Tätigkeit der Volkshochschutlleitung* ist sozusagen nur
durch Geld- und persönliche Verhältnisse begrenzt. Vor allem muß für den
Hörer der Hauptinhalt einer mehrstündigen Vorlesung ziemlich bis ins
Einzelne auffindbar sein. Vorlesungen dürfen nicht nur mit dem Titel an-
gekündigt werden. „Das Land Wilsons", „Die Völker der chemaligen
Donaumonarchie" — das sagt zu wenig. Wird der Amerikakenner zwei
von seinen sechs Vorlesungen der Geschichte widmen, wird er von der Ver-
prögensbildung, von den Trusts, von den Rniversitäten, von der Verfassung,
von den geologischen Eigentümlichkeiten, von der Weltpolitik und dem Pazi-
fismus des Dollarlandes reden? Wovon hauptsächlich? Oder von allem je
fünf Minuten? Der Kenner der Donaulandvölker kann geschichtlich, ethno-
graphisch, zeitpolitisch, sittenkundlich, anthropogeographisch daherkommen, und
selbst wenn bekannt ist, welche dieser Betrachtungarten er anwendet, wird der
Anvorgebildete (und nicht auch der Vorgebildete?) noch viel zu fragen haben.
So mancher wird aber überhaupt nur einen ungeklärten Trieb zum „Hören"
haben (mir sind folche Fälle öfter vorgekommenl); er will etwas erfahren
von „Sprache". . . Man muß herausbekommen, ob er psychologische, philo-
logische oder letzten Endes logische Interessen hat, und welche Vorbildung
ihm eigen ist. Danach ist ihm eine Vorlesung oder eine Äbung der Rnter-
stufe anzuraten. Das ganze Verfahren wird auch Hinweise ergeben, welche
Vorlesungen vielerwünscht sind und etwa eingerichtet werden könnten. Eine
stark ausgebaute Volkshochschule wird „Dekanate" brauchen, um alles dies

* An sich wäre es möglich und vielleicht wünschenswert, die Berufberatung-
ämter mit den Volkshochschulleitungen örtlich und zum Teil personal zu ver-
einigen.

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