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Kunstwart und Kulturwart — 32,4.1919

DOI Heft:
Heft 24 (2. Septemberheft 1919)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Vor dem neuen Jahrgange
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https://doi.org/10.11588/diglit.14424#0303
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Wille muß sich durchsetzen, auch den Gegner ernsthaft kennen zu lernen
und auch ihm in guter Absicht nachzudenken, der Wille, sich zu ver-
stehen und zu verständigen und, soweit als man sich verständigen kann, sich
zu verbünden. Aber was hätte das für Sinn, an dieser Stelle noch ein-
mal Sätze zu wiederholen, die jeder unserer Leser als Programmsätze unsrer
Zeitschrift kenut!

Unser eigentliches Arbeitsfeld wird natürlich wieder dort liegen, wo es
früher lag, bei der Kulturpflege im engeren Sinne, insbesondere
bei der Pflege künstlerischer Kultur. Es war nicht nur der Krieg,
was uns da aus der alten Arbeit herausgezwungen hat, es wirkte auch
noch anderes sehr stark mit, von dem wir teils schon gesprochen haben,
teils bald sprechen werden. Die Beilage „Wirtschaft und Lebensordnung"
fällt als solche weg, ihr Inhalt wird, soweit er für unsre Aufgaben noch,
in Betracht kommt, in das Hauptheft eingearbeitet. Auf die politischen
„Spectator"-Briefe dagegen werden wir trotz der Entpolitisierung des Kunst-
warts nicht verzichten. Sie sind auf die besten Informationen gestützt,
die irgendwem zukommen, haben einen unsrer weitesten, sreiesten und be»
deutendsten Köpfe und einen Mann zum Berfasser, bei dem keiner an
schonende Rücksicht auf irgendein Parteiprogramm denken wird, der meh -
rere seiner Briefe gelesen hat. Der Kunstwart darf wohl froh über diese
Zeitchronik in Spectator-Briefen sein; sie hat, so viel ich sehe, kein Seiten-
stück. Vielleicht, daß sich unsre politischen Glossen mit der Zeit über-
haupt auf sie beschränken können.

Der Weg, der vor uns Deutschen liegt, ist wahrhaftig so dunkel, datz
wir gut tuu, uns Hand an Hand zu fassen. Sagt es zu viel, datz der letzte
und entscheidende Kampf um „Deutschtum" und um „Europa", ja: um
das ethischs Aufblühen oder aber Verdorren der Erde erst jetzt beginnen
wird? Auch die Waffen im ältesten Sinne des Worts, die erzenen, wer-
den grausam mitwirken dabei, samt Hunger-, Wirtschafts- und Lügenkrieg.
In ganz anderem Maße noch, als während des Krieges, und auch in ande-
rem Sinne noch, wird das „Durchhalten!" jetzt gelten müssen. Aber kein
„Durchhalten!" hilft auf die Dauer, wo die Erneuerung dessen sehlt,
was durchgehalten werden soll — sonst behält man nach dem „Durchhalten"
Abgestorbenes in der Hand. Auch aus dem noch, was uns geblieben ist,
kann so Herrliches erwachsen, daß es schließlich die Völker der Erde be-
siegen muß, indem es sie beglückt. Aber uns steht kein Prophezeien au,
unsere Sache ist: zu arbeiten, als wäre das, was möglich ist, sicher.
Und als Lohn solcher Arbeit haben wir die Gewißheit, daß die Erde
nichts hat, was mehr als eben solcherlei Arbeit selbst zu beruhigen, zu
kräftigen und den Schmerz des Tages zu überwinden hilft. A

Herausgeber: Ur. b. e. Ferdinand v e n a r i u s in Dresden-Blascwitz; verantwortlick): der
heransgcber. Mitlcitende: Artur Vonus, Or. E. Kurt Fischcr und Wolfgang Schumann —
In Sstcrreich-Ungarn für Hcrausgabc u. Schristleitung vcrantwortlich: c>r. Nichard Vatka in WienXIII/S —
Sendungen für den Text ohne Angab e eines Pcrson cnn a m ens an dic »Knnstwart-Lcitung" in
Drcsdcn-Blasewitz — Manuskriptc nur nach vorheriger De r e i n b arung, widrigenfalls
keine Vcrantwortung übeniommcn werdcn kann — Derlag von Gcorg D. W. Lallwcy, Drnck von
Kastner L Lallwcg, Buchdruckerei in Münchcn — Gcschäftsstcllc für Berlin: Georg Sicmcns, ^ 57,
Kursürstenstr. 8 — Scschäftsstelle für Ssterreich-Ungarn: Buchhandlung Moritz Pcrles, Wien I, Scilcrgasse 4.
 
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