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Kunstwart und Kulturwart — 34,1.1920-1921

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Heft 1 (Oktoberheft 1920)
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Bonus, Arthur: Weltreligion
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Nidden, Ezard: Dänische Erzählungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14432#0028

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bleiben, die das geschichtliche Leben über diese Welle geschichtsfreien Lebens
hinübertragen. Und diese Stählung, Veredlung, Lrhöhung, Aneigen-
nütziginachung des Innenlebens, welche aus ernster Versenkungsmystik her-
vorzugehen Pflegt, wird denr ganzen Volke zrrgute konrnren.

Auch und gerade bei einern neuen Aufstieg. Sowohl die nrittelalter-
liche Mystik als die unsres Pietisnrus nach dem Dreißigjährigen Kriege
war derart.

Aber gesunder ist es gewiß, wenn die mystische Versenkung von vorn-
herein auf das Gefühl und die Vorstellung von eirrenr wirkenden Gott
arrftrifft, und jene prophetische Mystik errtsteht, die man gewöhnlich mit
dem Narnen „Mystik" rricht bedenkt, die in Iesus lebt, in Paulus, irr
Iohannes, in Luther: zuletzt und nicht am fchwächsten in Fichte.

Unsere Zeit drängt zur Mystik. Für welche Richtung der Mystik wird
sie sich entscheiden? Letztlich ist das eirre Frage des Tatbestandes. Ist
unser Volk noch irn Aufstieg, wie wir es denn rnit Innigkeit glauben, so
wird es sich entweder von vornhereirr für die Tat- und Willensmystik
Fichtescher Richtung entscheiden oder doch eine buddhistisch-fchopenhauerisch
einsetzende Entsagungsmystik in einigen Generationerr überwinden. Sollte
aber die Entwicklurrg der letzteu hundert Iahre, wie sie im Weltkrieg
gipfelt, unser Volk ganz erschöpft haben, so wird es freilich in einer solchen
Entsagungsmystik dem Weiterstreben eirtschlafen; und es wird das dann
immerhin der edelste Tod fein, der ihm gewünscht werden mag.

Wir, die wir uns Iugend fühlerr, und an dieserr Tod nicht glauben,
werden die Aufgabe in uns fühlerr, in diesen gefährlichen Zeiten rnehr als
je, tzoffnurrg und Zuversicht aufrecht zu erhalten, ganz insbesorrdere auch
in diesen Innenbezirken des Lebens, von denen wir handelten. Bonus

Dänische Erzählungen

^m^er stärkste Ronran der jüngeren Generation Skandinaviens, Martin
^-H^A n d ers en-N ex ö s „Pelle der Eroberer", war lange vergriffen,
nun liegt er endlich in neuer Auflage vor. Die Leiden der Massen
während der mittleren kapitakistischen Zeit, die Aufwärtsbewegung des
Proletariats, die Hoffnung Ler Millionen auf eine glücklichere Zukunft
haben keinen zweiten Verkünder gefunden wie diesen Dänen. Zola ge-
wachsen an Kraft und an Weite des Blickes, übertrifft er ihn an ruhiger,
sachlicher Vertrautheit mit der Natur, der Welt der Dinge und sdes
Menschlichen, ja schließlich sogar durch den mächtigen Schwung seiner
gestaltenden, prophetischen Darstellung. Weist Zolas Werk noch im Ent-
scheidenden Spuren eines sozialwissenschaftlichen „Studiums", einer bienen-
fleißigen Stoffbereitung auf, Anderfen-Mexö ist restlos und fraglos ver-
wachsen mit jenem zukunftschwangern Stück der Gesellschaftsentwicklung,
wo der Wille zur Macht, zum Glück, zur Freiheit und Menschlichkeit
unmittelbar aus Not und Sehnsucht entsteht, unerschütterlich, zusammen-
geballt aus Tausenden von Einzelwillen. Andersen-Nexös zweiter Roman
„Stine Menschenkind", den wir im Iuli des vorigen Iahres zum ersten
Male, anzeigten, wuchs inzwischen um einen zweiten Band, „Mütterchen".
Mit derselben ruhigen Meisterschaft und Sicherheit zeichnet Andersen-Nexö
hier ein paar weitere Lebensj!ahre jener Dorf-Proletarier-Familie, aus
der Stine stammt; mannigfache Schicksale ziehen über sie hin, bald suchen
sie durch Schmutz-Schlächterei, bald durch Lumpenhandel emporzukommen,
 
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