Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 1.1911-1912

DOI article:
Offermann, Friedrich: Die Organisationslosigkeit der Bildenden Künstler
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.27186#0561
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
MÜNCHENER SEZESSION

schreibt K. Lange nach Dr. P. Drey, „daß selbst
anerkannte Maler, Professoren an Akademien,
welche von der Kritik günstig beurteilt werden,
oft jahrelang kein Bild verkaufen. Eine mäßige
Veranlagung gepaart mit geschäftlichem Talent
oder Gewandtheit, sich zur Geltung zu bringen,
bietet mehr für wirtschaftliches Fortkommen, als
fachliche Tüchtigkeit allein. Der Geschmack des
Publikums stuft sich in unendlicher Mannigfaltig-
keit ab, und ebenso kann es auch die Produktion“.

Es ist das unerhörte Übermaß von Produktion
zusammen mit der lächerlichen Geringfügigkeit
des Bedarfs, was Malern und Bildhauern das
Leben schwer macht. Wenn sie morgen
alle zusammen die Hände in den Schoß
legten und zehn Jahre lang nichts
mehr machten, soweit es sich um freischaffende
Kunst handelt, entstünde keinerlei Mangel!

Mit Kopfschütteln muß man angesichts solcher
Verhältnisse die Entwickelung der staatlichen
Kunsterziehung verfolgen. Man sollte meinen,
alle Berufenen müßten sich darin vereinen, vor
dem Kunststudium auf das nachdrücklichste zu

warnen, wo eine Überproduktion von Kunst
offenbar ist. Aber nichts davon ist zu spüren.
Im sächsischen Landtage verkündete vor Jahres-
frist ein Abgeordneter mit Genugtuung, die Zahl
der Studierenden der Kunstakademie habe wieder
zugenommen. Was ja denn offenbar das Ge-
deihen einer Königlichen Anstalt, also etwas
Gutes, bedeutet. Der Fall ist typisch ! Natürlich,
die Akademien sind einmal da und möchten
sich den Rang ablaufen durch immer höhere
Schülerzahlen; nur die Berliner hat, so viel mir
bekannt ist, die Gesamtziffer auf 250 begrenzt.
Immer großartiger und bequemer über jedes ver-
nünftige Maß hinaus werden die Einrichtungen.
Stipendien helfen den Unbemittelten, die Studien-
gelder sind niedrig, und so „blühen“ die Kunst-
schulen und veranstalten Jahr um Jahr glänzende
Schülerausstellungen, die bekunden, daß wieder
einige hundert neugebackene Künstler die Zahl
der längst Vielzuvielen vermehren. Von Staats-
wegen wird so mit jedem Jahre die Misere des
Künstlertums vermehrt, planmäßig und mit dem
Gefühl, als werde eine Kulturmission erfüllt.

AUSSTELLUNG DER MÜNCHENER SEZESSION: WEIBLICHER AKT. ÖLGEMÄLDE

SCHRADER-VELGEN
 
Annotationen