DOI Artikel:
Sachs, Hans: Bucheinband und Buntpapiere, [2]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0426
DAS HAUS DER RECHTSANWÄLTE. ÖFFENTLICHER FESTSAAL
SCHMIEDEN U. BOETHKE
BUCHEINBAND UND BUNTPA-
PIERE. VON DR. HANS SACHS-
CHARLOTTENBURG (Schluß)
Einmal hat er in übersprudelnder Laune den far-
bigen Schleimgrund mit einem dicken Schwamm be-
arbeitet, ein andermal mit zartesten Kämmen die
Oberfläche gefurcht, hat hier ein Pfauenauge, da
zierliche Blüten, dort spinnwebenartige Fäden aus
seinem toll durcheinander gewirbelten Arbeitsfelde,
dem farbigen Schleimgrunde, förmlich heraus-
gefischt.
In ähnlichem Sinne hat Ernst Leistikow, der
Bruder des verstorbenen Führers der Berliner
Sezession, in Bromberg gearbeitet; wenn saineTunk-
papiere heute auch etwas wild und unruhig er-
scheinen und an die Zeit der sich o-ewaltsam
Bahn brechenden ersten Bestrebungen des moder-
den Kunstgewerbes erinnern, so verdienen sie
doch als erfreuliche Zeichen einer wiederer-
wachenden individuellen Handwerkskunst Beach-
tung. Leistikow arbeitete in Ölfarben, die in
ähnlicher Weise verwandelt wurden wie die Ochsen-
gallefarben, ist aber ohne jede Kenntnis dieser
Technik zu seinem eigenen Verfahren srelansrt.
Meist ist das Blatt von einer dunkleren Farbe,
von der sich hellere wild durcheinander wirbelnde
Wellen abheben, die in harmonischem Farben-
kontrast zu der Grundfarbe stehen.
Da sind ferner als Meister in der Kunst des
Marmorierens zu nennen Franz Weise in Elber-
feld, Eduard Gabelsberger in Diessen, FL Och-
mann in Leipzig, Andreas Haußmann in Kon-
stanz, Wilhelm Rauch in Hamburg, Trepplin in
Neukölln, M. Jacoby und K. Spilling, Heinrich
Wievnk in Berlin und Anker Kyster in Kopen-
hagen.
Daß auch hier wie überall versucht wurde, die
charakteristische und individuelle Handarbeit durch
die Maschine zu ersetzen, versteht sich von selbst,
daß es — in künstlerischem Sinne — mißlingt
und mißlingen muß, ebenso. Mechanisch werden
die Farben aufgespritzt, mechanisch Salze und
Säuren aufgetragen, die durch ihre Vereinigung
mit der ersten Ladung neue chemische Körper,
neue Farben bilden, mechanisch wird in die
Oberflächenmusterung eingegriffen.
Und es ist mit Freude zu begrüßen, daß ge-
schmackvolle Verleger sich heute auch nicht mit
diesen bulligen Massenprodukten begnügen, um
die Auflage irgend eines Buches in marmorierten
Papieren zu binden, sondern Handwerksmeistern
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SCHMIEDEN U. BOETHKE
BUCHEINBAND UND BUNTPA-
PIERE. VON DR. HANS SACHS-
CHARLOTTENBURG (Schluß)
Einmal hat er in übersprudelnder Laune den far-
bigen Schleimgrund mit einem dicken Schwamm be-
arbeitet, ein andermal mit zartesten Kämmen die
Oberfläche gefurcht, hat hier ein Pfauenauge, da
zierliche Blüten, dort spinnwebenartige Fäden aus
seinem toll durcheinander gewirbelten Arbeitsfelde,
dem farbigen Schleimgrunde, förmlich heraus-
gefischt.
In ähnlichem Sinne hat Ernst Leistikow, der
Bruder des verstorbenen Führers der Berliner
Sezession, in Bromberg gearbeitet; wenn saineTunk-
papiere heute auch etwas wild und unruhig er-
scheinen und an die Zeit der sich o-ewaltsam
Bahn brechenden ersten Bestrebungen des moder-
den Kunstgewerbes erinnern, so verdienen sie
doch als erfreuliche Zeichen einer wiederer-
wachenden individuellen Handwerkskunst Beach-
tung. Leistikow arbeitete in Ölfarben, die in
ähnlicher Weise verwandelt wurden wie die Ochsen-
gallefarben, ist aber ohne jede Kenntnis dieser
Technik zu seinem eigenen Verfahren srelansrt.
Meist ist das Blatt von einer dunkleren Farbe,
von der sich hellere wild durcheinander wirbelnde
Wellen abheben, die in harmonischem Farben-
kontrast zu der Grundfarbe stehen.
Da sind ferner als Meister in der Kunst des
Marmorierens zu nennen Franz Weise in Elber-
feld, Eduard Gabelsberger in Diessen, FL Och-
mann in Leipzig, Andreas Haußmann in Kon-
stanz, Wilhelm Rauch in Hamburg, Trepplin in
Neukölln, M. Jacoby und K. Spilling, Heinrich
Wievnk in Berlin und Anker Kyster in Kopen-
hagen.
Daß auch hier wie überall versucht wurde, die
charakteristische und individuelle Handarbeit durch
die Maschine zu ersetzen, versteht sich von selbst,
daß es — in künstlerischem Sinne — mißlingt
und mißlingen muß, ebenso. Mechanisch werden
die Farben aufgespritzt, mechanisch Salze und
Säuren aufgetragen, die durch ihre Vereinigung
mit der ersten Ladung neue chemische Körper,
neue Farben bilden, mechanisch wird in die
Oberflächenmusterung eingegriffen.
Und es ist mit Freude zu begrüßen, daß ge-
schmackvolle Verleger sich heute auch nicht mit
diesen bulligen Massenprodukten begnügen, um
die Auflage irgend eines Buches in marmorierten
Papieren zu binden, sondern Handwerksmeistern
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