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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 2.1912-1913

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Schmidt, Robert: Altbrandenburgische Gläser
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https://doi.org/10.11588/diglit.21776#0790
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ALTBRANDENBURGISCHE GLÄSER

zeigen einige dieser roten Pokale und Gefäße,
deren Wirkung natürlich nur in dem satten
Feuer ihrer Farbe voll zur Geltung kommt.
Wie man kostbare Halbedelsteine, Elfenbein
und chinesische Porzellane gern mit einer Edel-
metallmontierung versah, so ist auch das —
rein materiell schon wertvolle — Goldrubinglas
häufig mit vergoldeter Silber- oder Bronze-
Fassung geschmückt worden, wie etwa die
Flasche in der Mitte der Abb. 5. Besonders
einige Augsburger Goldschmiede vom Ende
des 17. und vom Anfang des 18. Jahrhun-
derts haben sich mit zahllosen Arbeiten der
Art abgegeben.

Wie beim Rubinglas, so sind auch beim
Schnitt des einfachen, farblosen Glases sehr
verschiedene Hände zu unterscheiden. Von
1700 an bis etwa 1715 hat ein bisher un-
bekannter Monogrammist H. F. H. eine ganze
Reihe bis zu 50 cm hoher Riesenpokale ge-
schnitten, die außer einem schwungvollen orna-
mentalen Dekor im reichsten Laub- und
Bandelwerkstil gewöhnlich das Portrait eines
Herrschers (Friedrich L, Friedr. Wilh. L, August
der Starke u. a.) oder ein Wappen, sowie auf
der Rückseite des Pokals die Ansicht einer
Stadt oder eines Schlosses zeigen. (Vgl. Abb. 8)
Besonders häufig ist die Darstellung des Ber-
liner Schlosses nach dem — unausgeführten —
Projekt Schlüters, das in einem Stich damals
stark verbreitet war. Schon dieser Künstler
besaß bei weitem nicht die virtuose Technik
und die leichte, sichere Gestaltungskraft Spillers;
die übrigen Glasschneider — der Berliner
Innung gehörten im Jahre 1704 bereits 10
Meister an, und andere arbeiteten in Potsdam,
in direktem Zusammenhang mit der Hütte —
können einen Vergleich mit dem Hauptmeister
gar nicht aushalten. Aber dennoch hielt sich
das durchschnittliche Können dieser Hand-
werksmeister auf einer sehr achtbaren Höhe;
ja, das Figürliche, an dem gewöhnlich die
Kräfte der Glasschneider scheiterten, und wobei
man fast stets den guten Willen an Stelle des
Könnens loben muß, ist ihnen oftmals über-
raschend gut gelungen. Es ist übrigens ein
Hauptkennzeichen der Berlin-Potsdamer Glas-
schneidekunst, daß das rein Ornamentale, das
in allen übrigen deutschen Glasgebieten fast
ausschließlich gepflegt wurde, hiei ganz in den
Hintergrund tritt. Pokale mit Rankendekor auf

mattem Grunde, deren einige in der Berliner Abb. 8. POKAL mit geschnittenem Porträt August des Starken. Arbeit
Ausstellung ZU sehen waren, gehören ZU den eines unbekannten Glasschneiders H. F. H. Anfang des IS. Jahrhunderts

größten Ausnahmen; sonst beschränkt sich das

Ornament auf die Spitzblattfriese, die an die Stelle mit zwischengestreuten Kugelungen bestehen. Der

der erhabenen Akanthusborten der Frühzeit ge- Hauptschmuck in der Zeit von etwa 1 7 10 bis 1730

treten sind, auf Perlränder und „Steinchenborten", ist ganz der figürlichen Darstellung, oft in größtem

die aus hochstehenden Rechtecken und Rauten Maßstabe, vorbehalten. Besonderer Beliebtheit

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