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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Lux, Joseph August: Aus Joseph M. Olbrichs Briefen
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0550
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AUS JOSEPH M. OLBRICHS BRIEFEN

ARCHITEKT CEZE ICH N ENG VON FRIEDRICH LAHRS-KÖNIGSBERG: HAUS IN WORMS.

7~\US JOSEPH M. OLBRICHS BRIEFEN.
M VON JOSEPH AUG. LUX.

Man weiß, daß Joseph M Olbrich einer der
glänzendsten Baukünstler war, die sich in den ersten
Jahren der neuen Kunstbewegung einen Namen ge-
macht haben. Schon im Jünglingsalter erkletterte
er alle Staffeln des Ruhmes. Er war der Lieblings-
jünger seines Meisters Otto Wagner in Wien; sein
Erstlingswerk, das Gebäude der Wiener Sezession
1898, ist schon eine Meisterschöpfung. Ein Jahr
später wird er vom Großherzog von Hessen nach
Darmstadt berufen, mit Ehren und Aufträgen über-
schüttet; in den Ländern am Rhein zu Köln und
Düsseldorf entstehen seine feinsten Werke, Land-
häuser und Villen, die Kunstausstellungsgebäude in
Darmstadt mit dem Hochzeitsturm und die beiden
Brunnen auf dem Louisenplatz; der Frauenrosenhof
in Köln, das Warenhaus Tietz in Düsseldorf, zahl-
lose Interieurs, kunstgewerbliche Arbeiten aller Art,
Monumental-Entwürfe, die aus den großen Wettbe-
werben immer preisgekrönt hervorgehen. Auf der

Höhe seines Schaffens oder eigentlich erst im ver-
heißungsvollen Anbeginn stirbt er eines ganz plötz-
lichen Todes, kaum 42 Jahre alt, viel zu früh für
die Kunst, die ihm so viel Schönes verdankt und
der er noch unendlich viel zu geben hatte. 28 000
Blätter sind sein Nachlaß, fast jedes Blatt ein Kunst-
werk, eigenhändig gezeichnet und mit höchster
künstlerischer Finesse behandelt — eine Riesen-
leistung, groß genug, um drei Menschenleben voll-
kommen auszufüllen. In einem Jahrzehnt hat er
diese unfaßbare Arbeit geleistet; wenn auch ein
großer Teil heute nur mehr entwickelungsgeschicht-
lich zu werten ist, so kommt den ausgeführten
Werken fast ausnahmslos das Merkmal der künst-
lerischen Reife und der unvergänglichen Schönheit
zu, so daß sein Name für alle Zeiten einen Ehren-
platz in der Kunstentwicklung unserer Zeit be-
haupten wird. Aus der Summe des Geleisteten ist
zu ermessen, wie stark der schöpferische Quell in
seinem Innern sprudelte, daß neben so vielem Pro-
blematischem, dieses fruchtbarsten Anregers und Er-
neuerers, so große, reife und schöne Werke, wie die

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