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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Jessen, Jarno: Raffael Schuster-Woldan
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0009

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AN DEN PFORTEN DER DAEMMERUNG. Im Besitz der Großherzogl. Galerie in Weimar. RAFFAEL SCHUSTER-WOLDAN

RAFFAEL SCHUSTER-WOLD AN.
VON JARNO JESSEN.

Die Modernität unserer Zeit kennzeichnet
sich durch das Auffallen altmeisterlich ver-
anlagter Künstlerpersönlichkeiten. Sie erscheinen
wie stille Inseln im brausenden Strom, wie
geweihter Reliquienbesitz unter neuzeitlicher
Zweckware. Auf den Entwicklungsgedanken
sind wir alle eingestellt, aber freuen uns doch
über gelegentliche Beharrungstendenzen. Wir
stimmen einer Revision der allzu pietätvoll ge-
hüteten Museumslagergüter bei, ohne Kult-
gefühle den wirklichen Meisterwerken gegen-
über einzuschränken. Das Baccalaureuswesen
Fortschrittlicher und Allzufortschrittlicher wird
denen, die die Sonne als Tagesgestirn anbeten

und sich außerdem auch noch an der Sonne
Homers zu wärmen vermögen, das Entzücken
an Seelenverwandten der Phidias und Tizian
nicht schmälern. Es ist gut, daß Schinkel und
Schadow, Böcklin und Menzel als Zeitgenossen
wirkten, über aller Partei steht immer die
lächelnde Gottheit und freut sich der Mannig-
faltigkeit des Lebens.

Die klassisch gestimmten Künstlerseelen sind
gerade heute in eine trübe Zeit hineingeboren
worden. Sie müssen sich ganz als die Stillen
verhalten. Vor ihren Augen verkauft der Mäcen
seinen Feuerbach, um, von der Tyrannei der
Mode bezwungen, einen Pechstein zu erstehen.
Der Arme Tom friert mehr denn je im Kunst-
reich, es kann den wahren Tom nicht hindern,
sich selber treu zu bleiben. Raffael Schuster-

DIE KUNSTWELT III, 1

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