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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Lux, Joseph August: Aus Joseph M. Olbrichs Briefen
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0554
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AUS JOSEPH M. 0LBR1CHS BRIEFEN

reichen sechzig Jahre, die Du der Kunst geschenkt Was ich von Dir am meisten gelernt, ich möchte

hast, und wenn ich erst heute nach den lauten oder sagen, aufgesogen habe, das ist die unheimliche

stillen Festen, die Dir deswegen bereitet wurden, Kraft, die Dir durch die Arbeit gegeben wird und

komme und Dir sage, wie sehr ich Dir dazu Dich zu dem ewig jugendfrischen Menschen macht,

wünsche, den herzlichsten Wunsch, Du könntest an den sie alle nicht herankommen. Und dieses

unserer Kunst von neuem die reichen sechzig Jahre Erbvermächtnis, das ich als den eigentlichen Lohn

schenken. Ich weiß nicht, ob alle, die Dich an dem befrachte für die Zeit, in der ich Dir begeistert half

Tage lobten und priesen, so tief zu verstehen fühlten, und diente, macht mich, glaube mir vom Herzen,

was wohl sechzig Jahre im Leben eines „Bauenden" zum glücklichsten Menschen. Das Reich ist weit,

bedeuten. Wenn sich Miliarden von feinstem Fühlen weiter aber die Summe der Arbeit, und ich möchte

auf einmal aus dem Empfinden der großen Herde so stolz sein, einmal sagen zu können, diese unver-

verdichten könnte, es käme nicht einer Sekunde der siegbare Quelle von Kraft habe ich nur von Dir

immerwährenden Freude gleich, die Du, das weiß zu Eigen bekommen. Dann ist mein Leben weiter

ich, so oft tage- und jahrelang empfinden kannst. eine Reihe fröhlicher Feste.

Weil Du eben aus Dir heraus arbeitest, gibst Und das soll mein heißester Glückwunsch sein,

und erfindest, darum muß man Dich als den Glück- Dein Geist soll sich in mir weiter vererben, im

liehen bezeichnen, der täglich sich von neuem zum Kampfe gegen paragraphoses Philisterium und der

Feste bereitet. Wie armselig sind doch die Beweise Sieg fällt auf Dich zurück, echter Lorbeer zu dem

der Verehrung gegen das Gefühl, das Dich täglich goldenen Lorbeer, der längst Dein Eigen ist,

von Neuem beglückt. Und nun möchte ich Dir so gerne Deine Hand

Ich weiß es, mein lieber Oberbaurat, genau, drücken zum Vermächtnis, wie gerne ich mich

und das beachte ich nun an mir, wie doch die liebe Deiner erinnere, und wie gerade die Erinnerung an

Arbeit das Schönste und Beste ist, das einem am Dich mich stark und froh sein läßt, in den vielen

Tage der Geburt geschenkt wird. Und wenn man Stunden, die dieser Eigenschaften so sehr benötigen,

wie Du sechzig Jahre voll diese Feste genießt, wer Und so bin ich Dein getreuer
könnte wohl mehr beneidet werden als Du selbst.
Und dazu soll ich Dich nun beglückwünschen! Ich

glaube, Du müßtest einfach lachen darüber, wollt Dieser Brief ist ein Denkmal, das für die Größe

ich auch mit den schönsten Reimen der ,.Klas- sowohl des Meisters als des Jüngers zeigt,

sischen" kommen. Sein Genius erweist diesen Dreien eine geradezu

Wenn Dein Leben und Deine Arbeit Dich kindliche und darum so menschlich schöne Dank-
an diesem Tage aber nicht voll und reich allein be- barkeit; den Eltern, dem Meister und der Kunst,
glücken, so wüßte ich wirklich nicht, wie es möglich Sie waren ihm die treuen Baumeister seines Schick-
wäre, Dir Freude an diesem Tage zu bereiten. sales. Aber diese Drei verkörpern ihm eine unend-

Drum, mein vereintester Meister, hab ich mich lieh große Unbekannte, der er sich aus tiefster künst-

nicht gemeldet, weil ich über Dein großes Glück lerischer Gewissenhaftigkeit dankschuldig und ver-

allein mit Dir sprechen wollte. antwortlich weiß: die Menschheit.

Literatur.

Die Mode. Menschen und Moden im Wie das schrittweise vor sich gegangen ist, wie

17. Jahrhundert. Nach Bildern und Stichen allmählich unter Anleihen in Deutschland und

der Zeit ausgewählt und geschildert von Max Holland eine Mode erwächst, die willig, fast selbst-

von Boehn. Mit 225 Abbildungen. (Verlag von verständlich auch von den erbittertsten Feinden

Joseph M, Olbrich."

F. Bruckmann A.-G., München.) Ludwigs XIV. angenommen und getragen wird, das

Den erfolgreichen Bänden über „Die Mode, erläutern die Bilder des Buches in ebenso fesselnder

Menschen und Moden im 18. und 19. Jahr- wie belehrender Weise. Auch in diesem Band sind

hundert" läßt die Verlagsbuchhandlung jetzt einen nur gleichzeitige Darstellungen herangezogen wor-

neuen Band folgen, der das 17. Jahrhundert be- den, und da wir uns im Zeitalter von Gallot. Velaz-

handelt und dem so lebhaft erwachten Interesse an cjuez, Reinbrandt, Rubens, Hals, van Dyck, Rigaud

dieser Zeit im rechten Augenblick entgegenkommt. u. a. bewegen, steht die Folge dieser Bilder künst-

Für die Kenntnis der modernen Kulturgeschichte lerisch auf dem höchsten Niveau. Neben den Zeugen

ist gerade dieses Zeitalter von der äußersten der großen Kunst treten in den Stichen der Bosse,

Wichtigkeit, es ist die Aera, in der die französische Leclerc, Bonnard, zugleich auch die ersten reinen

Kultur sich alle Nationen unterwirft, in der im Ge- Modebilder auf.

folge der politischen Vorherrschaft Frankreichs Der Text schildert in großen Zügen Geschichte,
französische Sprache, französische Literatur, fran- Kunst und Gesellschaft der Zeit und zeichnet auf
zösische Sitten und nicht zuletzt französische Moden dem Grunde eines Kulturbildes von faszinieren-
den ganzen Erdball unterjochen. In diesem Jahr- der Wirkung das Phänomen der französischen
hundert entstand die Weltmode, die ihren Thron als- Mode, die rasch zur Weltmode wird und sich als
bald in Paris aufschlug. solche bis zum heutigen Tage behaupten konnte.

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