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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Woran Raffael gestorben ist
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0628

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WORAN RAFFAEL GESTORBEN IST

Der Papst war ob der Erkrankung Raffaels tief durch ein chronisches Leiden hinlänglich erschöpft,

betrübt: er ließ sich in den vierzehn Krankheits- als das Sumpffieber hinzukam, und da er sich kurz

tagen sechsmal nach dem Befinden des Malers er- vorher zuviel angestrengt hatte, kam das Fieber

kundigen. plötzlich mit ungeahnter Heftigkeit zum Ausbruch.

Man hatte zuerst angenommen, daß Raüael Die unvernünftigen Aderlässe, die ein paarmal

einer Brustfell- oder Lungenentzündung erlegen sei; wiederholt wurden, haben die Katastrophe nur be-

die Urkunden, die die Möglichkeit einer Lungen- schleunigt . . .
entzündung zulassen, sind jedoch unzweifelhaft apo-

kryph. Dagegen ist mit ziemlicher Sicherheit an- LIT61CLtlll.
zunehmen, daß der Künstler sich das bösartige Das System der Aesthetik. Von Prof. Dr. E. Meu-
Fieber während seiner Forschungen in den Ruinen mann. (Wissenschaft und Bildung.) Verlag von
von Rom zugezogen hat. Man weiß ja, daß sich in Quelle u. Meyer in Leipzig. 1914.
der römischen Campagna früher große Sumpf-
flächen ausbreiteten, und daß die pestilenzialischen Aesthetische Fragen beschäftigen heute mehr
Düfte, die aus den Pontinischen Sümpfen aufstiegen, denn je unsere gebildete Welt. Immer weitere Kreise
Fod und Verderben brachten. Dr. Cabanes ist nun werden in den Bann einer ästhetischen Kultur ge-
überzeugt, daß Raffael, während er in den Ruinen zogen. Und doch wie wenig Klarheit herrscht über
der Campagna arbeitete, Keime des Sumpfiiebers in die ästhetischen Grundfragen! Hier will Professor
sich aufgenommen habe. Dieses Fieber allein würde Meumanns neuestes Buch klärend und helfend ein-
aber wohl kaum den raschen Tod des Malers herbei- springen. Es bildet die längst erwartete Ergänzung
geführt haben. Für Dr. Cabanes war Raffael hin- zu dessen Einführung in die Aesthetik. Der
genkrank: auf den Bildnissen, die ihn in seinen Aufbau des Buches ist äußerst klar. Zunächst unter-
letzten Lebensjahren darstellen, sieht man, daß sein sucht der Verfasser die Aufgaben der Aesthetik und
Gesicht abgezehrt und seine Wangen eingefallen ihr Verhältnis zur Kunst überhaupt. Daran schließt
waren; sein Auge ist auf diesen Bildern fieber- sich eine eingehende Analyse des künstlerischen
glänzend, und er macht durchaus den Eindruck eines Schaffens sowie des ästhetischen Gefallens und Ur-
Schwindsüchtigen, der sich in der Kachexie befindet, teilens. In zwei Schlußkapiteln wird über die nor-
Nimmt man an, daß Raffael wirklich tuberkulös war, mativen und objektiven Verhältnisse des ästhetischen
so erklärt sich alles andere von selbst. Er war Urfeiles und die Einteilung der Künste gesprochen.

STATTE I > I: t: A KRKIT

E. BRISCHLE.

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