ZIELE DER FRIEDHOFSKUNSI
solcher ist Otto Zieler — wird auch hier manches schehen, im großen Ganzen ist aber doch der Bau-
auszusetzen haben. „An die Stelle der sachlichen, geist gesund. Es dürfte schwerlich etwas Wirk-
zuweilen verstandesmäßigen Bauart unter Friedrich sameres derart in Deutschland zu finden sein wie
Wilhelm trat eine freiere, mehr malerische, nach die Bebauung des Bassinplatzes und des hollän-
stärkeren Wirkungen strebende Auffassung mit all dischen Viertels.
ihren Vorzügen und Fehlern, eine Kunst, die mitunter Bedeutender freilich als alle Unternehmungen in
sich nicht scheut, statt Raumwirkungen Theater- der Stadt Potsdam sind die Schloßbauten Friedrichs,
effekte zu geben, in Potsdam so gut wie in andern Darüber soll der zweite Band berichten, den man
landesfürstlichen Anlagen." Zieler sieht die erste mit Spannung erwarten darf.
Bauperiode unter Friedrich IL, in der der Architekt
Knobeisdorff die Hauptrolle spielt, als die glück-
lichere an. In diese fällt die Bebauung des Lust-
gartens und der Breiten Straße, die noch heute den T\ us der mappe der kunstkritik
Geist friedericianischen Lebens am lebhaftesten vor / \ jj
uns entstehen läßt. Damals sind die Gewehrfabrik, 1 Im vorigen Heft der „Kunstwelt" machten wir
die Kolonnaden, die französische Kirche, das Schau- unsere Leser mit den seltsam-widerspruchsvollen Ur-
spielhaus u. a. entstanden. Später nach dem Bruch teilen bekannt, die Böcklins „Spiel der Wellen" vor
mit Knobeisdorff nimmt der König die Leitung selbst dreißig Jahren gefunden hat. Heute möchten wir aus
in die Hand und verfährt oft gewiß recht willkür- der Vergangenheit einen anderen interessanten „Fall"
lieh in seinen Anordnungen. Er ordnet u. a. eine herausgreifen, bei dem neben den rein künstlerischen
ganze Reihe Kopien nach italienischen Palästen und Urfeilen besonders bemerkenswert ist, was die Kri-
die Domfassade als Kopie der Kirche S. M. Mag- tik aus dem Motiv der Darstellung alles heraus-
giore in Rom an. Doch sind diese Kopien nicht so gelesen hat. Es handelt sich um
sklavische wie es das Wort besagt, und sie er- Siemerings Lutherdenkmal für Eisleben,
scheinen nicht als etwas Fremdes im Körper der das im Jahre 1884 in Berlin ausgestellt war und
Stadt. Sicherlich ist unter Friedrich II. in der Auf- Anlaß zu den verschiedenartigsten und originellsten
teilung der Blockseiten manches weniger Gute ge- Deutungen geben sollte.
GRABMÄLER IN WERSABE. 1795
595
solcher ist Otto Zieler — wird auch hier manches schehen, im großen Ganzen ist aber doch der Bau-
auszusetzen haben. „An die Stelle der sachlichen, geist gesund. Es dürfte schwerlich etwas Wirk-
zuweilen verstandesmäßigen Bauart unter Friedrich sameres derart in Deutschland zu finden sein wie
Wilhelm trat eine freiere, mehr malerische, nach die Bebauung des Bassinplatzes und des hollän-
stärkeren Wirkungen strebende Auffassung mit all dischen Viertels.
ihren Vorzügen und Fehlern, eine Kunst, die mitunter Bedeutender freilich als alle Unternehmungen in
sich nicht scheut, statt Raumwirkungen Theater- der Stadt Potsdam sind die Schloßbauten Friedrichs,
effekte zu geben, in Potsdam so gut wie in andern Darüber soll der zweite Band berichten, den man
landesfürstlichen Anlagen." Zieler sieht die erste mit Spannung erwarten darf.
Bauperiode unter Friedrich IL, in der der Architekt
Knobeisdorff die Hauptrolle spielt, als die glück-
lichere an. In diese fällt die Bebauung des Lust-
gartens und der Breiten Straße, die noch heute den T\ us der mappe der kunstkritik
Geist friedericianischen Lebens am lebhaftesten vor / \ jj
uns entstehen läßt. Damals sind die Gewehrfabrik, 1 Im vorigen Heft der „Kunstwelt" machten wir
die Kolonnaden, die französische Kirche, das Schau- unsere Leser mit den seltsam-widerspruchsvollen Ur-
spielhaus u. a. entstanden. Später nach dem Bruch teilen bekannt, die Böcklins „Spiel der Wellen" vor
mit Knobeisdorff nimmt der König die Leitung selbst dreißig Jahren gefunden hat. Heute möchten wir aus
in die Hand und verfährt oft gewiß recht willkür- der Vergangenheit einen anderen interessanten „Fall"
lieh in seinen Anordnungen. Er ordnet u. a. eine herausgreifen, bei dem neben den rein künstlerischen
ganze Reihe Kopien nach italienischen Palästen und Urfeilen besonders bemerkenswert ist, was die Kri-
die Domfassade als Kopie der Kirche S. M. Mag- tik aus dem Motiv der Darstellung alles heraus-
giore in Rom an. Doch sind diese Kopien nicht so gelesen hat. Es handelt sich um
sklavische wie es das Wort besagt, und sie er- Siemerings Lutherdenkmal für Eisleben,
scheinen nicht als etwas Fremdes im Körper der das im Jahre 1884 in Berlin ausgestellt war und
Stadt. Sicherlich ist unter Friedrich II. in der Auf- Anlaß zu den verschiedenartigsten und originellsten
teilung der Blockseiten manches weniger Gute ge- Deutungen geben sollte.
GRABMÄLER IN WERSABE. 1795
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