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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Aus der Mappe der Kunstkritik, [2]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0699

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LITERATUR

gebung, die ganze Wucht der Persönlichkeit, die
markige Charakter - Energie, Entschlossen-
heit und Positivität ihres Wesens, wie es in
der allgemeinen Vorstellung lebt,
treu vergegenwärtigt."

Es ist erstaunlich, was nach diesen Urteilen
Luther alles tut. Einmal zerknittert er die
päpstliche Bulle, dann hält er sie wieder in der
Hand, um sie zu zerreißen, drittens will er
sie ins Feuer schleudern; einmal hält er
sie in der einen Hand, dann wieder mit der
Bibel zusammen im Arme. Hier ist er voll
tiefen Ernstes, dort brutal, hier ist er
nicht dem Volksempfinden getreu überliefert, dort
so treu vergegenwärtigt, wie er in der allgemeinen
Vorstellung lebt! Sonderbar, was alles in
einem einizigen Denkmal stecken kann!

Aehnlich verhält es sich auch mit einem von
H e 11 q u i s t stammenden Bilde Luthers. Zwei
Preßstimmen geben eine gute Beschreibung dieses
damals viel besprochenen Bildes.

Im „Reichsboten" las man:

,,Luther, von geharnischten Reitern umgeben, ist
soeben in den Schloßhof hereingeritten; seine
Bibel im Arm haltend, schaut er, auf
das Schlimmste gefaßt, mit Ergebung in Gottes
Willen nach o b e n."

Dagegen im „Berliner Tageblatt":

„Auch darin ist die Formgebung nicht glück-
lich, daß sie Luther zu Pferde im Brevier
lesend, in die Burg einziehen läßt. Dazu war der
Gottesmann doch viel zu kernhaft gesund, um ange-
sichts der Menschen so pharisäerhaft das Gebetbuch
hervorzuholen." —

Es muß dem Maler nicht leicht geworden sein,
dies alles gleichzeitig auszudrücken: Luther die
Bibel im Arm halten, ihn nach oben schauen und zu-
gleich pharisäerhaft im Brevier lesen zu lassen!

Hellquist war, wie wir glauben, ein zu früh
auf die Welt gekommener Futurist'.

Literatur.

Tempel - Klassiker Shakespeares Werke,
englisch und deutsch. Der Tempel-Verlag in
Leipzig.

Die Tempel-Klassiker haben sich verdienter-
maßen schon einen hervorragenden Ruf gemacht,
da sie mit ihrer literarischen Vortrefflichkeit die
schönste künstlerische Ausstattung des Aeußeren
vereinen. Mit der Goldprotzigkeit mancher Klas-
siker-Ausgaben hat diese nichts zu tun; die Bände
sind mit dem einfachsten (und vornehmsten Ge-
schmack bedacht worden, und ihr Aeußeres ist in
jeder Beziehung der großen inneren Werte würdig.
Bekanntlich hat E. R. Weiß für diese Ausgabe eine

besondere Fraktur geschaffen, die mit ihrem edlen
Bilde nicht zum Wenigsten dazu beiträgt, die Tem-
pel-Klassiker zu einem Schmuck jeder Büchersamm-
lung zu machen. Nach Goethe, Schiller, Heine, Les-
sing, Möricke und manchen anderen Hauptrepräsen-
tanten der Literatur ist jetzt auch die Shakespeare-
Ausgabe im Erscheinen begriffen, bei der besonders
bemerkenswert ist, daß sie neben der besten
deutschen Uebersetzung von Schlegel und Tieck auch
den englischen Urtext bringt. Das ist höchst be-
grüßenswert. Jeder der vortrefflichen 3 Mark-Bände
dieser Ausgabe enthält ein Werk des Dichters; es
liegen bis jetzt vor: „Hamlet"; „Romeo und Julia";
„Ein Wintermärchen"; „Ein Sommernachtstraum".
Wir möchten die Aufmerksamkeit unserer Leser
nachdrücklich auf diese schöne Ausgabe lenken.

Für Landschaftsphotographie, also das Gebiet,
auf dem sich der überwiegende Teil aller Amateur-
photographen fast ausschließlich betätigt, sollten die
gewöhnlichen Bromsilberplatten wegen ihrer Farben-
blindheit völlig ausgeschaltet werden. Die Farbe
ist in der Sommerlandschaft das Dominierende und
gerade in dieser Zeit wiederum pflegt sich der Ama-
teur mit Vorliebe seiner Kunst zu widmen. Die ge-
wöhnliche Bromsilberplatte ist aber nur für die
blauen und violetten Strahlen des Spektrums empfind-
lich, während sie das Grün, die belebende Farbe
des Sommers ignoriert, resp. sie wie das Gelb und
Rot als Schwarz behandelt. Sie kann also Land-
schaftsbilder nie naturgetreu wiedergeben, weil sie
die dunkleren Farbtöne der Natur, das Blau und Vio-
lett hell, die helleren Tonwerte Grün und Gelb
dunkel herausbringt, also die Lichtwerte gewisser-
maßen umkehrt. Jeder Amateur sollte sich des-
halb die Verwendung von orthochromatischen, d. h.
solchen photographischen Platten für die Landschaft
zum Prinzip machen, die neben Blau und Violett auch
die grünen und gelben Töne in den richtigen Hellig-
keitswerten der Natur wiedergeben. Dr. Andresen
hat dieses Thema in leichtverständlicher, hochinter-
essanter Weise behandelt in seiner Broschüre:
„Ueber lichthoffreie und färben-
empfindliche P la 11 e n", in der auch aus-
gezeichnete Bilder den Wert der Benutzung farben-
empfindlichen Materials sichtbar machen. Durch die
Freundlichkeit der „Agfa": Aktien-Gesellschaft für
Anilin-Fabrikation, Berlin, die in der Herstellung
von derartigem Negativmaterial seit Jahren eine
führende Rolle einnimmt (wir nennen die von ihr
erzeugten „Agfa-Chromo"-, „Chromo-Isolar"- und
,,Chromo-Isorapid"-Platten), sind die Photohändler
in den Stand gesetzt, das Werkchen gratis abzugeben,
das auf Wunsch von genannter Firma auch direkt
franko zugesandt wird.

Münchener Jahrbuch der bildenden Kunst. Unter
Leitung von Hans Stegmann, Heinrich Wölfilin
und Paul Wolters herausgegeben von Ludwig

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