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Die Kunstwelt: deutsche Zeitschrift für die bildende Kunst — 3.1913-1914

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Schneidewind, Ernst: Glossen zum Wettbewerb um das Kolonialkrieger-Denkmal oder die neueste Berliner Denkmals-Katastrophe
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https://doi.org/10.11588/diglit.22030#0760

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WETTBEWERB ZUM BERLINER KOLONIALKRIEGERDENK

GLOSSEN ZUM WETTBEWERB UM
DASKOLONIALKRIEGER-DENKMAL
ODER DIE NEUESTE BERLINER
DENKMALS-KATASTROPHE, m^^mm

Tatort: Der Baltenplatz im Osten Berlins, d. h.
es ist gar kein Platz, sondern eine maßstabslose
Straßenkreuzung, wie man sie sich ungeeigneter für
ein Monument kaum denken kann.

Die Aufgabe: Ein Kolonialkriegerdenkmal. Also
ein Werk voll heroischer Stimmung; kommenden
Generationen ein Mal zum Zeichen, daß unsere
Volksgemeinschaft in wenigen Jahrzehnten aus
ihrem romantischen Welt- und Spießbürgertum zu
einer Nation erstarkte, daß sie voll Spannkraft über
ihre Grenzen nach Kolonialbesitz griff und ihn mit
Waffengewalt, durch Opfer an Gut und Blut be-
hauptete. Dem Künstler war die Aufgabe gestellt,
einem Stück modernsten nationalen Lebens voll dra-
matischer Hochspannung bildnerischen Ausdruck zu
geben. Die Lösung der Aufgabe: ein ■— E—le—fant!

Jawohl, ein Elefant. Man steht erschüttert vor
der rührenden Anspruchslosigkeit, die sich mit dieser

.L. I. PREIS ENTW.: FRITZ BEHN-MUNCHEN

peinlich trivialen und zoologischen Form begnügte.
Entscheidungen in Denkmalsfragen fallen bei uns
entweder im Sinne der gedankenlosen und unper-
sönlichen Wiederholung des Althergebrachten, an das
sich der Komiteespieß gewöhnte, oder aber durch
den Hineinfall auf einen Konkurrenzbluff. Hier kann
es heißen in letzterem Sinne: denn es handelt sich
um das erste und höchst verwunderliche Auftreten
des Denkmalselefanten in Deutschland. Das ist doch
wenigstens noch nie dagewesen —!

Aber abgesehen von dem Umstand, daß dem
Münchener Bildhauer Behn, dem „Erfinder" des
Elefantendenkmals, das man mit dem ersten Preise
auszeichnete, scheinbar keine Phantasie oder ge-
nügende künstlerische Anschauung zur Verfügung
stand, muß die Frage lauten: Welche rein bild-
hauerischen oder architektonischen Vorzüge zeichnen
sein Werk lediglich in formaler Hinsicht aus? Er-
klären diese den Spruch der Jury?

Man steht auch in diesem Punkte vor einem
Rätsel. Daß ein Elefant ein geeignetes Ausdrucks-
mittel für ein Kolonialkriegerdenkmal sein soll, mag
geistige Privatangelegenheit seines Schöpfers sein,

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