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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Staab, Lina: Trauriges Schäferspiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0059

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Z Lrauriges Lchäferspiel ^

^ Line Lr;ählung von Lina 5taab- Neustadt o. d. H. A

Das Zweibrücker Schloß hat mit einer weit ausholenden Geste die
Häuser von sich gedrängt. Es kann nichts brauchen vor seiner breiten,
dreigliedrigen Fassade, vor der Freitveppe, die, schweifend und kaum ge-
zügelt von den vier Säulen, in den Rauin hinausbiegt, als diesen riesigen
Platz, auch von ihm noch einmal getrennt durch das hohe, schmiedeeiserne
Gitter mit dem Pfeilertor. Denn es muß Licht haben, viel Licht sür die
iReliefs mit den antiken Allegorien in den seitlichen Giebelfeldern, daß sie
herausquellen aus der Fläche.

Melleicht aber fror es einmal, als der Platz so unbarmherzig grell
und weih vor ihm lag. Da nahm es wie einen grünen, bestickten Mantel
den Park um sich und steckte ihu mit der altsilbernen, getriebeuen Agraffe
des kleinen Sees zu kunstvollen Falten.

„Ein wenig theatralisch —" fand dec junge Johann Friedrich Müller,
der Malec. „Tot. gefroren", nannte er die verschnitteuen Taxushecken, die
sich in keinem Wind bewegten und immer den gleichen Schatten warfen.

Der Herzog. Ehristian I V., vorzog keine Miene in seinem konventionell
höfischen Gesicht bei dem kecken Vlrteil, aber durch seine klugen, lebendi-
gen Augen, die immer irgendwie im Widerspruch zu seinen maskenhaften
Zügen standen, zuckte sekundenlang ein Blitz, ein Lachen. Weiß Gott,
dieser kleine Kreuznacher Maler nahm sich etwas heraus an seinem Hofe
— aber er hatte nun einmal eine Schwäche für ihn, denn im Grunde
war er sroh, daß da noch einer war, der die Flügeltüren aufreißen half
und das westliche, ein wenig süße Parfüm hinausscheuchte. Man wuhte
endlich einmal wieder, daß es noch einen Wind draußen gab.

Wie Hatten ihn von Anfang an die Blätter des jungen Malers ge-
sesfelt, ihn, der starke Sympathien für alles Originals hatte. Pferde-
bilder waren es gewesen, seine Lieblingspferde, in einer ungemein kraft-
vollen, befreienden Darstellung. And es war immerhin nicht zu über-
sehen, daß Klopstock Derse des Malers Müller in seinen Almanach aus-
genommen hatte.

^lebrigens — der Herzog lächelte stolz — der kleins Maler
Müller konnte sich nicht beklagen über Mangel an Stoff für seine roman-
tischen Passionen. Da waren die Baumgruppen im Park, dort wo er
sich gegen den Wald hin verlor, verwachsen und ungspslegt, von ihm
gegen alle französischen Neigungen seines Hofes verteidigt, — war die
grüne Dämmerung der Allee neben dem Schwarzbach mit Herrlichen
alten Kastanien, vermooste, samtene Stämme, über dem Weg geschlossen
zu natürlichen Arkaden. Ietzt, im frühen Herbst, waren die Zweige ein
Dach aus ziseliertem Gold. Wo es durchbrochen war, sah man die seidene
blaue Zeltdecke des Himmels, die es tragen muhte.

Maler Müller betrachtete die Flucht dsr Allee — er wollte skizzieren,

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