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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 4.1928

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Presber, Rudolf: Auch eine Heidelberger Studentenerinnerung
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https://doi.org/10.11588/diglit.29785#0093

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Auch eine Heidelberger Ltudenlenerinnerung

Von Rudolf Prosber-Berlin

Ich war Student. Philosoph. Ich öenke im dritten Semester.

Heidelberger Frühsommer, so herrlich und blütenreich, wie er nur im
Neckartal lachen kann. Kuno Fischer las sein Scholastikkolleg. Sehr früh,
Lenn er war — leider — Frühaussteher und schritt mit seinen kurzen
Deinen, den weichen Filz tief auf die vom Schlägerhieb leicht gespaltene
Äase geörückt, in kurzen, kräftigen Exzellenzschritten morgens schon um
breiviertel sieben Nhr die Anlage entlang, am Cafe Häberlein vorbei,
wo Wilhelm, der (damals) jugendliche Kellner, gerade auf der Treppe
seine doppelte Früharbeit verrichtets: das Wetteb dss Tages zu begut-
achten und seine Rägel umständlich mit einem Zahnstocher zu reinigen.

Es war noch zu Anfang des Semesters, und wir hielten bei der
neupythagoreischen Lehre, dem Dersuch, Lie pythagoreische Lehre zur
Weltreligion zu machen und einen mythischen Pythagoras in der Glorie
des Weltheilands erscheinen zu lassen. Jn der wundervoll klaren, ein-
dringlichen Rede Kuno Fischers (ein Lehrer!... ich werde nimmer seines-
gleichen sehn!) hatte immer der recht, von dem er gerade handelte. So
diesmal Apollonius, der Aeupythagoreer, von dem die Kaiserin Julia
Domna, die Gattin des Septimius Severus, Denkwürdigkeiten besessen
haben soll, die sie dem gelehrten Philostratos übergab, der dann in acht
Büchern das Leben des Meisters schrieb, seine Lehre, seine Leiden unter
Domitian und sein übernatürliches Derschwinden von dieser Srde ... ^lnd
wieder hatts Apollonius recht — im Lehren, Leiden und Derschwinden.

Ich wohnte in der Anlage. Mcht übertrieben, aber sehr anständig:
ein kleines Zimmer zum Schlafen, ein größeres zum Arbeiten und
Wohnen. Ich habe immer gern nett gewohnt und lieber mal Ende des
Monats etwas unerfreulicher gegessen. Es ist jeßt sicher eine Tafel an
dem Haus. Darauf steht: „Hier sind möblierte Zimmer zu vermieten."

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