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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0225

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Das phUosophische Zwangskollegium.

Die badische Studienordnrmg wünschte nicht nur naturwissen-
schaftlich-, sondern auch philosophisch-gebildete Aerzte und legte den
Kandidaten deshalb die Verpflichtung auf, bei der Meldung zum
Staatsexamen ein Zeugnis vorzuweisen, das den Besuch eines mindestens
vierstündigen philosophischen Kollegiums bescheinigte. — Ein alter,
armer, geplagter Landarzt nahm diese, vielfach bemängelte, Bestimmung
in Schutz und belobte sie: eine gute Dosis Philosophie sei den Aerzten
recht nützlich und helfe ihnen in der Praxis über die vielen Jllusionen
weg, die sie ans der Stndentenzeit mitbrächten.

Seit 1839 gehörte Professor Christian Kapp der philosophischen
Fakultät an, zuerst als Honorarius, seit 1840 als Ordinarius. Er
war ein reicher Mann und schuf den schönen Garten, der heute die
Landfriedsche Villa jenseits des Neckars an der Neuenheimer Land-
straße umschließt. Es machte ihm Freude, vor einem großen Audi-
torium zu lesen; für das Wintersemester 1840/4 l hatte er ein Publikum
über Logik und Met^aphysik angekündigt. leider nur dreistündig in
der Woche. Glücklicherweise war Kapp ein ebenso gefälliger, als
eifriger Lehrer und ließ sich auf das Ansuchen von uns Medizinern
willig dazu herbei, das Kollegium vierstündig zu lesen. Damit war
uns geholfen, die Bestimmung der Studienordnung erfüllt. Jch be-
snchte — es sei redlich gestanden — die belegte Vorlesung nnr ein
einzigesmal; der Hörsaal war gedrängt voll Wißbegieriger, Kapp
konnte mich unmöglich vermissen, und so blieb ich, von der einen
Stunde völlig befriedigt, getrost darans weg. Aber ich fühlte mich
dem edeln Lehrer tief verpflichtet, und als er für das nächste Semester
abermals ein Publikum ankündigte: „Ueber Politik und Weltgeschichte",
 
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