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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0391

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Bri Srmmelweis.

I^ir machten die persönliche Bekanntschaft dieses trefflichen
Mannes in dem geburtshilflichen, ganz vorznglichen Operationskurfe,
den wir bei ihm genommen hatten. Als er hörte, daß Bronner und
ich Afsistenten des alten Naegele gewesen feien, den er tief verehrte,
nahm er uns anf wie Freunde. Er förderte unsre Studien fo viel er
nur konnte und verfchaffte uns im Winter die erfehnte, damals nicht
leicht zu erlangende Erlaubnis, im Gebärhause sechs Wochen zu prakti-
zieren. Mochte er die ganze Nacht durchwacht haben, wir kamen ihm
niemals ungelegen. Von allen Bekanntschaften, die ich in Wien ge-
macht habe, ist mir die von Semmelweis in angenehmster und dank-
barster Erinnerung geblieben. Als wir ihn kennen lernten, hatte er
die große, segensreiche Entdeckung, die ihm die Menschheit verdankt,
kurz zuvor gemacht, sie befchäftigte ihn fortwährend und war der
Gegenstand unsrer täglichen Gespräche mit dem trefflichen Manne.

Jgnaz Philipp Semmelweis war ungarifcher Staatsbürger und
18l8 in Ofen geboren. Er war mehr als mittelgroß, breit nnd stark
gebaut, fein Gesicht rund mit etwas vortretenden Backenknochen, seine
Stirne hoch nnd das Kopfhaar dünn; er hatte anffallend fleischige,
geschickte Hünde, ein lebhaftes Temperament, große Arbeitskraft und
Arbeitslust, ein warmes und gewiffenhaftes Herz.

Als Semmelweis seine Kraft der Geburtshilfe widmete, war
der schlimmste Feind der Gebärhäuser, der die Wöchnerinnen in furcht-
baren Senchen dezimierte, das Kindbett- oder Pnerperalfieber, aber
auch in den Privathäusern raffte diefe Krankheit die teuere Gattin
dem Gatten, die geliebte Mutter der Familie weg. Ratlos standen
 
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