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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0015
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Zeichnungen von L. Abe'ing

®as Jahr 1924 wird ein ganz außergewöhn-
liches und großzügiges, gewissermaßen
freigebiges Jahr sein, was auch schon daraus
hervorgeht, daß es als Schalkjahr noch einen
Tag zugibt. — 2m ersten Vierteljahr wird

weiter abgebaut. Zum Abbau werden Ab-
wrcklungsstellen eingebaut, in denen die ab-
q.-bauten Beamten die zum Ausbau des
Abbaues erforderlichen Vorbauten bauen. —
Stinnes erklärt sich nach der Lektüre des
Neuen Testaments bereit, 90 Proz. seines
Gesamtvcrinögens dem notleidenden Volke zur
Verfügung zu stellen, falls ihm das gesamte
mobile und immobile Vermögen Deutsch-
lands als Gegenwert übergeben wird. —
Breitensträdter kriegt im Sportpalast einen
Laken rechts und kann nur noch lachen links.

— Der Verein ehemaliger Reichskanzler
erlaßt Einladungen zum ersten Stistungssest
mir Tanz. — Die Groß-Berliner Laven-
bestyer richten eine Löftichkeitswoche für
Einkäufe von 20 Goldpsennigcn aufwärts an
ein. — In der Pommerschen Meierei wird
die Butter ranzig, weil die Bauern sie für
1,20 Mk. frei ins Laus bringen. — Die
Nachricht, daß ein Kommunist Vernunft an-
genommen habe, stellt sich als verfrüht her-
aus. — Lergt wacht auf und merkt erst
im Februar, daß er nicht Reichskanzler ge-
worden ist, mit ihm Letfferich, der feststcllt,
daß er nur im Traum Reichsbankpräßdcnt
war. — Lnter Vorantragung riesiger Laken-
kreuze, die mit Weißwürsten und Bierseideln
geschmückt sind, beginnen die Bayern unter
Mitnahme der Dachauer Vauernkapelle und

einer Original-Schuhplattlertruppe den Vor-
marsch auf Berlin, werden aber durch eine
an der Grenze aufgestellte Bierflaschenbatterie
kampfunfähig gemacht. Worauf Ludendorsf
erklärt, daß seine Niedert >ge nichts mit dem
Begriff des Sichniederlegens zu tun hätte.
-- Reichskanzler Marx beschließt zur Lnter-
scheiduug von Karl Marx sich künftig Murx
zu nennen. — Der Deviieirkommissar löst
.eine Wechselbank auf, weil sie für eine Rcnten-
mark nur 5 Dollar geben wollte. — Das
R ei ch sw eh r m inisteri um erläßt, daß Pogrome
auf Galizier in der Grenadierstraße nur
mehr auf Grund des Preußischen Exerzier-
realen.cnts auszuführen sind. — Der Reichsrat
beschließt seine Auflösung mit der Begrün-
dung, daß er doch nickt wisse, warum er da
sei. — Die Botschaft der allrussischen
Sowjetrepublik verlegt ihre Räume in die
Hotels Adlon, Bristol und Esplanade und
die Bar Kaka-du und Dorian Gray. —
Ende März werden die Steuern abgc-
baut. — Die Umwandlung der Renten-
mark in Rückenmark wird vorläufig aus-
gesetzt. — Im 2. Vierteljahr kommt
Poincare nach Berlin und bittet um Ver-
handlungen. — Deutschland schließt mit
Frankreich Frieden, das seine Soldaken mit
ihren Soldatenräten in die Leimat entläßt.
Der Franken fällt noch immer, bis Frank-
rcich deutsche Goldanleihe cinführt. — In
Ostende wird die 1001. Kon-
ferenz eröffnet. — Im
Reichstag wird einstimmig
beschlossen, im Sitzungssaal
statt der Sessel Ruhebetten
aufzustellen. Der Sitzungs-
saal erhält den Namen
Licgesaal. — Im Rcichs-
ministcrium des Innern
verstirbt ein Staatsjekretär
an Ucberarbcitung vor ei-
nem Aktenstoß einer Dijzi-
plinarsache aus dem Jahre
1896, die er seit diesem Jahr bearbeitet, aber
leider durch seinen verfrühten Tod nicht zu Ende
führen konnte. — Die Akademie der Künste
ernennt Celli de Rheydt, Fern Andra unt>
Kurt Prenzel zu ihren Ehrenmitgliedern. —
Schulzes aus der Mulackstraße reisen mit
100 Mark in die Schweiz und nach Italien
und kommen noch mit Geld zurück. — Im
letzten halben Jahr vergißt man, daß cs im
Leben einmal anders war. — Es interessiert
keinen mehr, wie der Dollar steht. — Schieber
gibt es nicht mehr, weil nichts mehr 51t
verschieben ist. — Reichssinanzminister Luther
ordnet an, daß jeder Deutsche 150 Proz.
seines Einkomnkens als Goldmiete zu ent-
richten hat. Hausbesitzer fahren nur nock-
vierspännig. — Die Parlamente werden
aufgelöst. Der Reichstag wird verauktioniert.

Die Sitzungen finden per Rundfunk von
Leim zu Leim der Abgeordneten statt. —
Ein junger Berliner Dichter stellt fest, daß
das Jahr ihm 25 000 Mk. Reingewinn ge-
bracht und kaust sich zki Weihnachten eine!
Villa im Grnncwald.— Reichs; ustizministcr
Emmingcr läßt einen Journalisten wegen;
Landesverrats verhaften, weil er durch einen
Artikel über das Museum für Völkerkunde der
Entente eine Sammlung von Negerspießen in

Berlin ver-

(ncbstBelage-

raten hat. —

ruugszuftand)

Mit Rücksicht \y°J

nach Belieb eil

auf den guten

zuverlängern.

Verlauf des (\ J

— Der Be-

Jahres er 0 « )

ginn des Iah-

mächtigt der Zr!^

res 1925 wird

Reichstag die

von dieser Ge-

Regierung, Jr la

neration nicht

das Jahr 1921

mehr erlebt..
T a t ü t a t a

Der Pariser Preffeskandal

Sie ließ sich kaufen. Der Rubel rollte. .
Sie war bestechlich. Sie schrieb, lvie sie sollte.
Sie lvar gefällig und zierte sich nicht.
Weder über, itoch unter, noch auf dem Strich.
Den größten Laluukeu war immer sic feil
Jul Text- und Inseratenteil.

Für die edlen Zwecke der Kapitale
War sie wie immer die horizontale.

Llnd als der Saustall kam ans Licht,
hielt sie das Maul und nrnckle nicht.

Ein Faktum von äußerster Delikatesse:
DichcinlischePrcsse hicltglcichfallsdieFresse.
Imvicfern und loicso
Aber Kinder, seid nicht so!

Soll ich etwa mich verbreiten
Lieber Selbstverständlichkeiten?

Pfeife rhänslin

$1 n c t b 01 c n

Pr 0 feff 0 rheldenbanch, fanalisehcrhakew-
krcuzler, verteidigt wieder einmal im Brust-
toil der Llnwidcrlcglichkeit die These, daß
die Juden für die deutsche Kultur nicht
das geringste leisteten.

Ein junger Mann erlaubt sich den Ein-
wand, daß die jüngsten Nobelpreisträger
unter den deutschen Professoren, Einstein
und Meyer Hof, beide Juden seien."

„Na, da sehn Sie's doch", schnaubt
Professor heldcubauch zurück, „selbst das
bißchcil ausländische Valklta schnappen diese
habgierigen Hebräer uns Germanen vor-
der Nase fort I"

Der alte Professor Xju 9j. war Sozialist.

Toll, was alles so vorkommt! find schließ-
fragte ihn einer, warum er Sozialist sei.

„Ja, sehen Sie," antwortete der alte
Herr, „erstens aus ökonomischen und all-
gemein ethischen Erwägungen heraus. Dann
aber, wissen Sie — cs ist das beste Mittel,
sich die sogenannte gt'.te Gesellschaft vom
halse 51t halten!"

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