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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0051
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kalte Mineralquellen und der ganze Klassenscgen der göttlichen
^ Natur. An allen Heilquellen der Welt stehn, wie auf Tischen
fl./,’ eines gutbcsuchicn Restaurants, Tafeln mit der Inschrift:
„Reserviert — nur für Kapitalkräftige." Die Sorgen der Fünf-
Ahr-Tcc-Menschen besteht nur in der Wahl einer solchen Tafel.

And während sich die Gäste so die Zeit vertreiben, spielt die
Musik „Peer Gynt". Denn die Musik ist eine Erfindung zuZwecken
des Fünf-Ahr-Tees. Sie füllt die Gesprächspausen aus und gibt
dem Klappern der Teller und Löffel eine liebliche Begleitung.

Bis die Stunde des heiligen Abendmahls herannaht — denn
heilig sind nur die Mahlzeiten. Dann endet der Fünf-Ahr-Tee.
Man verläßt ihn, durch Konversation erfrischt, von Getränken
durchwärmt und spricht: So vergißt man wenigstens seine Sorgen.

Es ist noch nie vorgekommen, daß ein Besucher des Fünf-
Ahr-Tecs sich ihrer erinnert hätte . . .

Der Anschlag ans Seeckt

P c r r n von S c e ck t

widmet diese durchaus ernsthaft-gemeinten Zeilen
Die Redaktion.

An die Wand gedrückt . . .

„Meine drei Fabrikgrundstücke, die Maschinen und das Waren-
lager Hab ich mit je einer Goldmark in die Bilanz eingesetzt. Ob
ich nicht doch lieber das Ganze auf eine Papiermark abrunde?"

Trotzki: „Ich verlange Meinungsfreiheit!"

Dreimänner-Kollegium: „Ha, ha! die hast tm selber gemeuchelt!"

Fünf-Ahr--Tee

Joseph Nolh

Der Fünf-Ahr-Tee ist eine Institution zur Förderung der bürger-
lichen Geselligkeit. Er kommt nur für jene Menschen in Bewacht,
die für die Aufhebung des Achtstundentags sind, weil sie selbst
keinen haben. Der Fünf-Ahr-Tce versammelt Männer und Frauen
in einem Privatsalon oder in der eleganten Halle eines Hotels
au mehreren kleinen Tischen, während auf einer Estrade ein
Quartett musizieren muß.

Es muß bemerkt werden, daß um diese Zeit die Abendblätter
bereits erschienen sind, so daß die männlichen Teilnehmer des
Fünf-Ahr-Tees über ihre Gewinne beruhigt sind und mit innerer
Sammlung dem Verlaufdes Ekartes folgen können.

Indessen dürfen die Frauen über die ncucffcn Erscheinungen
auf dem Modcwarcnmarkte sprechen und über die häuslichen
Sorgen, die im Besitz eines „Trampels" bestehlt. „Trampel"
ist der bürgerliche Ausdruck für Dienstmädchen. Gattinen
gutgestelltcr Männer, die an der Börse spielen, müssen
„Trampel" haben — weibliche Wesen, die gegen Bezahlung und
Kost der „.Herrschaft" ihren Sorgenbedarf liefern. Dafür dürfen
sie die nur für Herrschaften reservierten Treppen nicht benützen,
geschweige denn einen Bräutigam haben. Der Liebesgcnuß ist
lediglich denFrauen Vorbehalten, die auch zumFünf-Ahr-Tee dürfen.
Man könnte sagen: Ohne Five-o-clock feilt Geschlechtsverkehr!"

Außer den Trampclsorgen gibt cs noch jene, die um das Ziel
der nächsten Sommerreise kreisen. Den Menschen des Fünf-Ahr-
Tces stehn, wie man weiß. Berge, Sonnen, Seen, Täler und
Meere zur Fericnvcrfügung, ebenso tvie Teppiche und Spielsäle,
Karlsbader Salz und Franzcnsbader Moor, heiße, warme und

Als der Anschlag auf Seeckt bekanntgeworden war, entschloß
ein Berliner Kriminalbeamter sich zu dem heroischen Versuch,
einmal in Bayern nach .Herrn Ehrhardt zu forschen. Er fuhr
nach München, wandte sich an eine Stelle, die ihm zuständig
erschien, und brachte sein Anliegen vor. Als er so sprach, griff
der Mann, mit dem er verhandelte, zum Telephon und rief
jemand herbei. Der Gewünschte erschien alsbald.

„Also der .Herr aus Berlin möchte wissen", sagte der Bayer,
„ob man nicht irgendeinen Anhaltspunkt über den Aufenthalts-
ort Ehrhardts hat."

„Nee", sagte der Mann, „nich den geringsten, leider nich den
geringsten". Damit trat er wieder ab.

Kleine Pause.

„Tja", .... sagte der Bayer zum Berliner und tippte hilf-
los mit den Fitigcrn auf der Tischkante, „tja . . ." und darin
lag alles, was er zu sagen hatte.

Der Berliner Kriminalist wunderte sich über verschiedenes und
sagte: „Eigentümlich, höchst eigentümlich! Aber sagen Sie, wer
tvar denn der.Herr, der so genau über Ehrhardt Bescheid weiß?"

„Ja, mein Gott", sagte der Bayer", das war der Ehrhardt
doch selber."

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