Wer lacht da?
Bei Baron v. M. ist
nach der Treibjagd großes
Essen. Neben dem voll-
ständig verkrachten Haus-
herrn, dem selbst die zehn
fetten Kriegs- und Revolu-
tionsjabre den stets sich
neu aufhäufenden Schul-
denbeig nicht ablragcn
konnten, sitzt die alte
Stiflsobcrin Iolanthe von
Oedhausen-Grunmerzahn-
Maltenburg, eine Frau
von fabulöscm Reichtum.
Baron v. M-, gegen
den der selige Pumpus
v. Perusia ein Potsdamer
Kurreudejunge lvar, berei-
ter einen raffinierten Flan-
kenstoß gegen den Geldsack
der Stiftsoberin vor. Doch
da sic allen noch so deut-
D a s verseuchte F i r m a m c n t
„Ich sage, Professor, weg mit die vcrjudcte Astronomie, lauter Abend-
sterns, Morjensterns, Slcinbocks, un der jroße und der kleeue Bär —"
lichcn hypothekarischenAn-
spielungen gegenüber total
harthörig bleibt, geht der
altePazardcur zum direkten
Frontangriff über und
meint im scherzenden Tone:
„Meine teuerste Base!
Ihr Riesenmammon ist
doch zu bekannt! Wenil
man bedenkt, wie ich drin-
sitze in der Patsche und Ew.
Wohlwürden sich förmlich
unterderLaffIhres Geldes
beugen müssen-"
„Gewiß, lieber Vetter",
unterbricht ihn die Stifts-
oberin, die nicht nur reich-
lich Paare auf der Ober-
lippe, sondern auch aufden
Zähnen hat, „Sie haben
vollkommcnRecht— wem
Gort den Reichtum
auferlegt, der muß ihn
tragen! Laus Lyon
EUCH WEIXERT: DAS REIETTETE SYMBOL
Es thront im Kaiser-Wllhclm-Parke
ein Bronzelöwe, stolz und kühl
symbolisierend ernst das starke
und nationale Vollgefühl.
Obwohl er mit Zäsarenblicken
den Kaiser-Wilhelm-Park regiert,
so krabbeln doch auf seinem Rücken
Prolctenkindcr, ungeniert.
Ein Studicnrat, den das ergrimmte,
schrieb unter Sprcchsaal, dieses sei
empörend; und begeistert stimmte
die Bürgerschaft der Ansicht bei.
Mit einer Stacheldrahtumzäunung
umkränzt das Bild der Magistrat,
worauf die öffentliche Meinung
sich dieserhalb beruhigt hat.
Es werden, wo er blankgcscheuert,
dem Löwen Stacheln cingcdrcht;
auch wird die Patina erneuert
von einem Mann, der dies versteht.
Nun thront er in der Stachelhürde,
zwar wie ein Biest fossiler Art,
doch hat man nationale Würde
und auch Kultur und Kunst gewahrt.
Die Kreuzersonate
Ein Protz wollte seinen Gästen
auserlesene Musikgenüsse bieten.
In derVortragsfolge erregte fol-
gende Nummer seinen Zorn:
Beethoven, Op. 47. Sonate
für Violine und Klavier,
(sogenannte Kreuzersonatc).
„Was," sagte er. „in meinem
Pause soll eine Kreuzer-Sonate
gespielt werden? Das muß geän-
dert werden. Die Leute mögen
eine Dollar-Sonate spielen!
Es mag kosten, was es will, ich
hab's ja!!" F. M.
C o u l o i r s ch m u s
PamburgerParteitag der So-
zialdemokratie. Am sitzungsfreien
Nachmittag wird ein Dampfer-
ausflug nach Blankenese unter-
nommen, dort ein Aussichtspunkt
am hohen Afererstiegen, und alles
genießt voller Entzücken den herr-
lichen Rundblick auf Llnterelbe
und Nordsee. Nur der junge
Genosse Dr. K., ein etwas trocke-
ner Theoretiker, der übrigens —
doch das liegt weit — später
Gnädige Frau beim Masseur
„Soll ich nicht lieber aufhören, gnädige Frau? Spuren der
Behandlung werden sichtbar — was wird Ihr Mann sagen?"
„Aber erlauben Sie — ich entkleide mich doch nicht vor
diesem Kerl!"
an manchen Weitschweifigkeiten
der Weimarer Verfassung nicht
ganz unschuldig ist, hockt teil-
nahmslos abseits und liest in
seiner Frankfurter Zeitung. Bis
ihm der prächtige alte Wilhelm
Liebknecht auf die Schulter klopft
und wohlwollend zuraunt: „Lie-
ber K., so werden Sie wohl
ein ausgezeichneter Partei-
genosse werden, aber niemals
ein Mensch!"
*
Der preußische Landwirt-
schastsminister von Schor-
lemer sagte in einer der tristen
Ernährungsdebalten während
des Krieges im preußischen Land-
tag, man brauche nicht soviel
Fleisch zu essen, bei ihm käme
viermal in der Woche nur Gemüse
auf den Tisch. (Lebhafter Beifall
rechts, im Zentrum und bei den
Nationallibcralen.) In der näch-
sten Sitzung erwidert ihm Adolf
Poffmann, vermißt aber das
Objekt und sagt „Iebrijens, wo
is denn heite der Pcrr Munster
ccjentlich? Na vallcicht hat a
heit sein' Iemicsctach!"
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Bei Baron v. M. ist
nach der Treibjagd großes
Essen. Neben dem voll-
ständig verkrachten Haus-
herrn, dem selbst die zehn
fetten Kriegs- und Revolu-
tionsjabre den stets sich
neu aufhäufenden Schul-
denbeig nicht ablragcn
konnten, sitzt die alte
Stiflsobcrin Iolanthe von
Oedhausen-Grunmerzahn-
Maltenburg, eine Frau
von fabulöscm Reichtum.
Baron v. M-, gegen
den der selige Pumpus
v. Perusia ein Potsdamer
Kurreudejunge lvar, berei-
ter einen raffinierten Flan-
kenstoß gegen den Geldsack
der Stiftsoberin vor. Doch
da sic allen noch so deut-
D a s verseuchte F i r m a m c n t
„Ich sage, Professor, weg mit die vcrjudcte Astronomie, lauter Abend-
sterns, Morjensterns, Slcinbocks, un der jroße und der kleeue Bär —"
lichcn hypothekarischenAn-
spielungen gegenüber total
harthörig bleibt, geht der
altePazardcur zum direkten
Frontangriff über und
meint im scherzenden Tone:
„Meine teuerste Base!
Ihr Riesenmammon ist
doch zu bekannt! Wenil
man bedenkt, wie ich drin-
sitze in der Patsche und Ew.
Wohlwürden sich förmlich
unterderLaffIhres Geldes
beugen müssen-"
„Gewiß, lieber Vetter",
unterbricht ihn die Stifts-
oberin, die nicht nur reich-
lich Paare auf der Ober-
lippe, sondern auch aufden
Zähnen hat, „Sie haben
vollkommcnRecht— wem
Gort den Reichtum
auferlegt, der muß ihn
tragen! Laus Lyon
EUCH WEIXERT: DAS REIETTETE SYMBOL
Es thront im Kaiser-Wllhclm-Parke
ein Bronzelöwe, stolz und kühl
symbolisierend ernst das starke
und nationale Vollgefühl.
Obwohl er mit Zäsarenblicken
den Kaiser-Wilhelm-Park regiert,
so krabbeln doch auf seinem Rücken
Prolctenkindcr, ungeniert.
Ein Studicnrat, den das ergrimmte,
schrieb unter Sprcchsaal, dieses sei
empörend; und begeistert stimmte
die Bürgerschaft der Ansicht bei.
Mit einer Stacheldrahtumzäunung
umkränzt das Bild der Magistrat,
worauf die öffentliche Meinung
sich dieserhalb beruhigt hat.
Es werden, wo er blankgcscheuert,
dem Löwen Stacheln cingcdrcht;
auch wird die Patina erneuert
von einem Mann, der dies versteht.
Nun thront er in der Stachelhürde,
zwar wie ein Biest fossiler Art,
doch hat man nationale Würde
und auch Kultur und Kunst gewahrt.
Die Kreuzersonate
Ein Protz wollte seinen Gästen
auserlesene Musikgenüsse bieten.
In derVortragsfolge erregte fol-
gende Nummer seinen Zorn:
Beethoven, Op. 47. Sonate
für Violine und Klavier,
(sogenannte Kreuzersonatc).
„Was," sagte er. „in meinem
Pause soll eine Kreuzer-Sonate
gespielt werden? Das muß geän-
dert werden. Die Leute mögen
eine Dollar-Sonate spielen!
Es mag kosten, was es will, ich
hab's ja!!" F. M.
C o u l o i r s ch m u s
PamburgerParteitag der So-
zialdemokratie. Am sitzungsfreien
Nachmittag wird ein Dampfer-
ausflug nach Blankenese unter-
nommen, dort ein Aussichtspunkt
am hohen Afererstiegen, und alles
genießt voller Entzücken den herr-
lichen Rundblick auf Llnterelbe
und Nordsee. Nur der junge
Genosse Dr. K., ein etwas trocke-
ner Theoretiker, der übrigens —
doch das liegt weit — später
Gnädige Frau beim Masseur
„Soll ich nicht lieber aufhören, gnädige Frau? Spuren der
Behandlung werden sichtbar — was wird Ihr Mann sagen?"
„Aber erlauben Sie — ich entkleide mich doch nicht vor
diesem Kerl!"
an manchen Weitschweifigkeiten
der Weimarer Verfassung nicht
ganz unschuldig ist, hockt teil-
nahmslos abseits und liest in
seiner Frankfurter Zeitung. Bis
ihm der prächtige alte Wilhelm
Liebknecht auf die Schulter klopft
und wohlwollend zuraunt: „Lie-
ber K., so werden Sie wohl
ein ausgezeichneter Partei-
genosse werden, aber niemals
ein Mensch!"
*
Der preußische Landwirt-
schastsminister von Schor-
lemer sagte in einer der tristen
Ernährungsdebalten während
des Krieges im preußischen Land-
tag, man brauche nicht soviel
Fleisch zu essen, bei ihm käme
viermal in der Woche nur Gemüse
auf den Tisch. (Lebhafter Beifall
rechts, im Zentrum und bei den
Nationallibcralen.) In der näch-
sten Sitzung erwidert ihm Adolf
Poffmann, vermißt aber das
Objekt und sagt „Iebrijens, wo
is denn heite der Pcrr Munster
ccjentlich? Na vallcicht hat a
heit sein' Iemicsctach!"
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