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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0087
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Couloirs ch m u s

Dr. Scan Baptist Sigl, der Lcr-
ausgeber des urbaycrisch-partikularistischen
„Vater.and", erhielt einst eine Zuschrift,
die ihm feierlich notifizierte, daß derjenige,
der wo das schrieb, die (damals) reiehStreucn
„Münchener Neuesten Nachrichten" abon-
nici'c und das „Vaterland" nur noch zu
gewissen Zwecken benutze. Darauf antwortete
Sigl im Briefkasten: „wenn derselbe wirklich
seine Absichten mit der „Färbcrgrabeukuh-
haut" und dem „Vaterland" ausführe, dann
werde er in einem gewissen Körperteil bald
gescheiter sein als im Kopf. —

Einmal wurde Sigl sogar in den Reichs-
tag gewählt. Als er einmal aufgesordert
wurde, seine Berliner Eindrücke zu schildern,
antwortete er, Berlin wäre gar nicht so iibcl,
wenn nur nicht so viele Preußen drin wären.

Auf dcmDrcsdcncrPartcitag der Sozial-
demokratie im Jahre 1903 ging cs nicht
gerade sänftiglich zu. Radikale und Revi-
sionisten zausten einander weidlich und
manch lang verhaltener Groll kam zum
Ausbruch. Eine versöhnliche Note brachte
nur Ede Bernstein in den Redckampf, der
seine Ausführungen mit dem offenen Be-

„Auch wir deutschen Frauen möchten
gern dem Vaterland Opfer bringen,
welchen Minister kann man z B. zurzeit
am besten erschießen?"

kcnntnis begann: „Zeh bin nicht nur Re-
visionist, sondern — erschrecken Sie nicht
— sogar Bernstcinianer!"

Fabel

Einst stritten sich Kuh, Pferd und Esel,
mein von ihnen das größte Verdienst am
Kriege zukomme.

Sprach die Kuh voll Eifer: „Ich gab
alles hin zum Wohl des Vaterlandes.
Meine Milch nährte die Menschen vonr
Leutnant aufwärts, mein Fell diente für
Tornister, Koppel und Stiefel und mein
Fleisch war die Speise des Volkes."

Entgcgnete lächelnd das Pferd: „Deine
Verdienste seien ungeschmälert, aber gab
nicht auch ich mein Fleisch und mein Fell
auf den Altar des Vaterlandes? Ja, ich
tat noch mehr als du, — ich zog die Ge-
schütze in die Schlacht, brachte Munition
und manche Regimenter siegten nur, weil
mein flinker Leib sie dem Feind cntgcgen-
trug. Kabe ich nicht das größereVcrdienst?"

Erwiderte überlegen der Esel: „Kinder,
weshalb streitet Ihr Euch? Was wäret
Ihr alle ohne mich? Kälte nicht ich fcf>on
lange vor dem Kriege im Auswärtigen
Amt gesessen, hätte cs überhaupt je Krieg
geben können?" o.

M I C H V. ;L IX« E X H E C K E X:

M O ll A E I S V H E E 1> E E I X U E

on allen Völkern ist der moralische Edcling
Der Teutsche. Seiner Großmut gebührt ein Museum.
Als die „Dixmuiden" mit Mann und Maus uutcrgiug.

Erscholl vom „Kladderadatsch" ein Tedeum;

And die Llgrarierpresse, crdgcrüchig und ackerschollig.

Fand das Ertrinken von fünfzig Menschen ungemein drollig.

Wir sind eingetragene Christen; ergo friedfertig und sanft,

Lud bieten nach Leilandswort stets auch die andre Wange.
Doch bei Todesfällen bleib uns Kcrr Christus gcganft:

Anstand liegt nicht im völkischen Belange.

Verräter, wer bei Wilsons Tod Kalbmast flaggt.

Deutsch ist, wer in die offene Grube ein Denkmal — backt.

Wir benehmen uns immer ungkmcin taktvoll
And halten streng auf internationale Sitte.

Kommt ein Ouäkerschiff, mit Konserven bepackt voll,

Oeffncn wir's Kändchcn und sagen: „Bitte, bitte!"
WirbcttclnumAnleihcdollars und dienern denBauchunskonkav ...
Doch Flaggcnsalut für Wilson? — Lewer duad üs Slav!

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