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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0106
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„9luf der Landstraße braucht man nicht so aufzupassen, aber in der Stadt hält es furchtbar auf,

wenn man jemanden überfährt!"

E M 1 € II W E 1 N E R T : i» A E 1> A G O G I K

Die Polizisten

fanden ihn draußen im Wald,
den kleinen Vermißten;
er war schon entstellt und kalt.

Man brachte dem Vater die Mütze,
Pistole und Ihr,

Notizbuch, Zigarettenspitze,
eine Locke und die letzte Zensur
vom Perrn Oberlehrer.

Der Äerr Studienrat
schüttelte lange das Paupt.

Dann sagte er: In der Tat,
das hätte ich reicht geglaubt!
dritte er bessere Aufjätze geschrieben
und nicht phantasiert,
er wäre nicht sitzen geblieben!

So sprach, immerhin nicht ungerührt,
der L-erc Oberlehrer.

Nach dem Begängnis

machte er seinen Schülern klar,

daß dies Verhängitis

von nichts andrem die Folge war

als von Mangel an sittlicher Stärke,

und schloß mit einem Appell

und einem ernsten Vermerke.

Dann wurde er offiziell,
der Lcrr Oberlehrer.

Einen: Berliner Bankier, der
als Apache ein Kostümfest besucht
hatte, war das dreifache Pech wi-
derfahren, erstens seinen Pelz ge-
stohlen zu bekommen, zweitens keine
Taxe zu erwischen und drittens auf
dem Nachhausewege von einet*
Sipostreise als ein von dieser ge-
suchter und berüchtigter Gannowe
verhaftet und auf die Wache ge-
schleppt zu werden. Als andern
Tages der Bankier seinen Rechts-
anwalt aufsuchte, um ihn zu einem
Vorgehen gegen die also gesche-
hene Mißhandlung seiner Person
zri veranlassen, klopfte der alte
Iustizrat dem Bankier auf die
Schulter und meinte: „Da werden
wir wohl nichts ausrichten, Äcrr
Direktor! Wennschon ihre Kun-
den sagen, daß Sie schon ohne
Kostüm wie'n ausgekochter Gan-
nowe aussehn, wie müssen Sie
dann erst im Originalkostüm aus-
gesehen haben!" Frivon»

*

Gelegentlich der Einrichtung ei-
nes der Schlösser des Kronprinzen-
paares war auch die Einrichtung
eincsGalaschlafzunmers beschlossen

Der S1 e u e r h o h l r a u m

Zeichnung
von üermann 9

tZ iunnzminister Dr. Luther will den Sterrerhohlrallm aussüllen
rind sieht den Raum vor Äohlräumen nicht.

worden. Auf Veranlassung des
Kronprinzen wurde dieses Schlaf-
zimmer einem modernen Innen-
architekten in Auftrag gegeberr.
Alles war so weit fertig; irur
eines noch nicht: das Mono-
gramm des hohen Paares. Be-
sagtes Monogramm sollte nämlich
das zweischläfrige Bett künstlerisch
stilisiert zieren. Da jedoch der mo-
derne Stil des Zimmers ein ver-
schnörkeltes und in sich verschlun-
genes Monogramm nicht duldete,
entschied der hohe Auftraggeber:
„ Ganz einfach! Nur die zwei neben-
cinandcrgestellten Anfangsbuch-
staben der Vornamen! Vielleicht
ganz einfach eingcrahmt!" Was
geschah und worauf bei Einweihung
des Schlafzimmers das hohe Paar
an seinem Bett lesen koinrte:

WC

Zeit-Merkw ürdigkeit

Fremder: „Lebt in Ihrer Stadt
irgendeine bemerkcnsrvcrte Per-
sönlichkeit?"

Einheimischer: „O ja, ein
Dichter, der noch ganze Kosen hat."

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