Lachen links: das republikanische Witzblatt (1.1924)

Eine kleine Geschichte

Ich betrat den Laden des Schlächtermeisters Anton Knochenraub.

Selbiger fragte mich breitbeinig: „Womit kann ich dienen?"

Ich erwiderte ruhig und freundlich: „Ich bitte um ein halbes Pfund Fortwurst."

Der Schlächtermeister: „Was wünschen Sie?" — Ich: „Ein halbes Pfund Fortwurst!" — Cr: „Bockwurst?" —
Ich: „Nein, Fortwurst!" — Er: „Nordwurst?" — Ich: „Nein, Fortwurst!" — Er, mit bereits rollenden Augen:
„Mordwurst?!" — Ich, immer noch unerschüttert: „Nein Fortwurst!" — Er, nunmehr ganz Zornader und beinahe
brüllend: „Was — wünschen — — "

Weiter kam er nicht.

Ich siel ihm in die Rede: „Bin ich denn hier nicht in einer Fortwurstelei?"

Er, herkulisch aufgerichtet und mit gesträubtem Schnurrbart: „Fortwursteleien gibt es nicht mehr in Deutschland,

Sie — Sie — "

Weiter kain er nicht; denn ich fiel ihm wieder instinktiv in die gewaltige Rede: „Gibt es — nicht mehr?"

„Nein!" donneite der Schlächtermeister Anton Knochenraub. „In der Republik Deutschland nicht mehr!!"
Stehenden Angstschweißfußes wankte ich ohne Forlwurst nach der Tür und ins Freie. Lans Larbeck

Politische Schüttelreime

Der schwarz-weiß-rote Racheschrei
Ist nichts als öde Schacherei.

Man legt auf Ruhr und Saar Gewicht,
Lind zeigt doch nie sein wahr Gesicht.

Nach ganz was anderin zielen viel:
Der Futtertrog ist vielen Ziel.

Auch Lakenkreuzler heißt der Gauch,
Sein Kopf zeigt keinen Geisterhauch.

*

Man hielt in Deutschland
zeitig Wahlen —

Wir müssen anderweitig
zahlen.

Leldenscheintod

Als Lannibal sah, daß
alles in die Wicken gehen
mußte, ging ernachSchwe-
den und schrieb seine Me-
moiren. Als Varus ent-
deckte, daßerseineLegionen
in eine pyramidale Pleite
geführt hatte, nahm er sein
Schwert itnb stürzte — nach
Rom, um seinen Ruhm
durch Denkmals- und
Fahnenweihen und Rö-
mische Tage zu begründen.

Ehe Marc Anton nach dem
großen Krach sich eineVilla
in Bayern kaufte, machte
er uoch öffentlich bekannt,
daß er die Gefahr der Juden
deutlich erkannt habe und
daß seine Warnrufe un-
gehört verhallt seien.

Messen wir an diesen
Prahlhänsen Anton, Va-
rus und Lannibal das Lel-
dentum der deutschen Feld-
herrn, die jede Theater-

reklanre und Boinbasterei aufs tiefste ver-
achten und hassen. Es ist wahr, sie haben einen
Krieg verloren; jedoch kann man in Anbetracht
ihrer strategischen und weltpolitischen Fähig-
keiten mit Bestimmtheit annehmen, daß sie
diesen Krieg nie verloren hätten, wenn er
nicht entstanden wäre. Wer macht uns
unsere Generale nach? Niemand. Die
kordiale Entente, die uns so zieinlich alles
geitow.men hat, brachte cs nicht übers Lerz,
uns trnserer Generale zu berauben. Sie
wußte, daß diese edlen Gewächse nur auf
deutschem Boden gedeihen konnte». In

Klassische Zitate

II. Der Bürger und Ruth Fischer

jedein andern Land mußten sie verkümmern.

Der größte unter ihnen führte stets Gift bei
sich, denn er pflegte zu sagen: „Alles kann
sich verlieren, nur die Ehre nicht."

Als daher der Verlust des Krieges
offenbar wurde, berief der größte Deutsche
seine Vertrauten zu sich und sagte mit kurzen,
festen Worten: „Da es mir nicht vergönirt
war, an der Spitze meiner Truppen kämpfend
zu fallen, tue ich das, was die Ehre ge-
bietet. Seht diese Flasche mit den drei
Kreuzen: ich werde sie leeren, um einzu-
gehen nach Walhall. Grüßt mir das
Vaterland und lebt wohl!"
Nicht die Klagen der
Freunde, noch das Weh-
geschrei derFamiliehielten
ihn ab, zu tun, was eines
Leiden würdig war. Er
steckte die Flasche wieder
ein, entließ seine Freunde
und trank den Schierlings-
becher.

Andern Tages kamen
die Vertrauten, um der
Leiche des teuren Ver-
blichenen Ehre zu erweisen.
Sie sahen, daß ein letztes
Lächeln das Antlitz des
Lelden verklärt hatte und
schluchzten laut. Auf dem
Tische stand die Flasche.
Mit dem Schauer vor den
Geheimnissen des Todes
nahm sie einer in die Land.
In diesem Augenblick öff-
nete der tote Lew dieAugen
und sprach: „Nun bin ich
inWallhall. Wassel)'ich,
Ihr Teuren seid mir nach-
gefolgt? Reicht nur die
Land! Aber sagt mir, ob
es wohl hier in Walhall
so etwas wie einen ge-
salzenen Lering gibt?"
Da gingen die Freunde

Zeichnung von Erms

,Wenn ich dir in die Augen seh, — dann schwindet
all mein Leid und Weh . . ."

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