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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0510
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Aufstieg

Mitunter passieren scheinbar un-
erklärliche Dinge, die sich nachher
als ganz einfach Herausstellen. Da
kommt Willy eines Abends in
seine Stammkneipe und verlangt mit
dröhnender Stimme einen „Mampe
deutschnational". Allseitiges Stau-
nen. Der Budiker erklärt, so etwas
nicht zu führen. Willy bleibt bei
seinem Verlangen, einen „Mampe
deutschnational" trinken zu wollen.
Wortgefecht, Lin- und Widerrede,
bis sich herausstellt, daß Willy einen
„Mampe halb und halb" im
Sinne hat.

Willy trinkt also seinen „Mampe
deutschnational", und dann noch
einen und noch und noch, worauf
die Sicherheit seiner Beine erheblich
nachzulassen beginnt. Plötzlich be-
hauptet Willy, er fühle sich jetzt als
LerrLergt. — „Wieso?" — „Ganz
einfach — hup — beinahe — hup
-- könnte ich jetzt sagen: hier

stehe ich."

Nach einigen weiteren Schnäpsen
gerät Willy ins Reden. Er redet
ebenso end- wie sinnlos. „Jetzt hat es
sich ausgehergt", meint einer. „Ne",
sagt Willy, „jetzt habe ich mich zu
Stresemann raufgetrunken". —
„Wieso Stresemann?" — „Morgen
weiß ich nichts mehr von dem, was
ich heute gesagt habe."

Neues von Raffke

Raffke stellt einen neuer, Diener
an und instruiert ihn: „Also, Fritz,
jeden Morgen haben Sie mir und
meiner Frau die Augen zu öffnen!"

Haben Sie schon gehört?

Bei der Regierung in A'. ist der Freiherr v. Bügelfalt
als Regierungsrat tätig, einer von jener Sorte, mit der
im Weltkrieg dieForts vonLüttich eingerammtwurden.
Seine Dummheit wird nur noch übertroffen durch
seine stockreaktionäre Gesinnung. Der Beamtenabbau
gibt endlich Gelegenheit, ihn loszuwerden. Da aber
Freiherr von Bügelfalt über sehr einflußreiche Be-
ziehungen verfügt, begibt sich der Regierungspräsident
persönlich nach Berlin, um mit dem zuständigen Mi-
nisterialrat Rücksprache zu nehmen. In beweglichen
Worten trägt er vor:

„Der Herr ist nicht nur als Beamter völlig un-
fähig, er steht auch zur Republik ..."

„Wird sofort abgebaut!" kräht der Ministerialrat.

Darauf der Regierungspräsident: „Sie haben mich
nicht ausreden lassen. Ich wollte sagen: er steht
auch zur Republik in äußerst feindseligem Verhältnis."

Da klopft der Ministerialrat seinen Besuch auf die
Schulter und sagt mit leisem Schmunzeln: „Ja, Ab-
bauer, das ist ganz was anders."

Die beste Lösung
Bei einem Provinzblatt erhält
der jüngste Redakteur den ehren-
vollen Auftrag, eine Artikelserie über
„Das Wesen der deutschnationalen
Partei" zu schreiben. Er nimmt sich
hierfür eine Woche Lrlaub und er-
scheint nach deren Ablauf mit einem
ziemlich umfangreichen Manuskript.
Begierig öffnet es der Chefredakteur,
doch wer beschreibt sein Erstaunen, als
ihm nur einigeDutzend unbeschriebener
Blätter in die Lände fallen.

„Was soll denn das?", herrsch:
er den Untergebenen an, „das ist ja
lauter weißes Papier."

„Nun ja," entgegnet dieser, „ich
habe das Wesen der deutschnationalen
Partei auf die kürzeste Formel ge-
bracht: neunundvierzig weiße
Zettel."

Entschuldigung

In der Wilhelmstraße streikt ein
Droschkengaul. Der Kutscher tobt:
„Los, du olle Ziege, oder ick mach dir
Beene!"

Eine vorüberkommende Dame ruft
dem Kutscher zu: „Sie, schimpfen

Sie doch nicht so!"

Da meint der Kutscher treuherzig:
„Entschuldigen Se man, ick meente
ja nich Sie!"

Paradox

„Warum ist es denn vom „Stahl-
helm" jo still geworden?"

„Ach, denen hat Reichsbanner
Schwarz-Rot-Gold den Wind aus
den Windjacken genommen."

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