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Lachen links: das republikanische Witzblatt — 1.1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.8803#0532
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Die Erde

Zeichnung von .Herbert Anger

„Die Erde joll von vernunftbegabten Wesen bewohnt sein", sagte ein Marsmann
zu seiner Marssrau, „sag' mal, siehst du welche?"

Paul Z e

Durchs Fenster mit dumpfen Gesichtern schwebt Regen herein . . .
Ich zähle die Tropfen nicht. Aber jeder weint und ist irgendwie
Feind. Jedem bin ich was schuldig: ein Geld oder ein Buch,
eine Frau . . . oder — was höher noch lebt, mein Ich.

Aber ich kann mich an gar nichts erinnern mehr. Viel gab ich
her, viel nahm ich fort. And war doch immer so leer. And
nicht hier und nicht dort. Nur in dem Laus meines Leibes
bin ich wohl ein- und ausgegangen wie ein lieber Besuch.

Was soll mir dieser Gerichtstag jetzt? Dies schreckliche Klopfen
an mein Gewissen, dies Tropfen auf meine Zunge: daß sich
das Böse mit Reue und wunden Geständnissen löse?

Wahrlich, ich habe das Leben vorübergehn lassen wie eine
gebrechliche Sache; anstatt es mit Zangen zu fassen, anstatt

ch : H e r b ft

es auf Wagen zu laden, in Barren zu schlagen!

Wahrlich ich habe mein Antlitz geneigt, daß es sich
höflich zeigt und unter das Schwache mischt, mit Blumen
und Früchten die Kranken erfrischt und tröstlich zu
Abel und allen, die nach ihm unter die Brudermörder ge-
fallen sind, eingeht.

Durchs Fenster mit dumpfen Gesichtern schwebt Regen herein,
zugepreßt krampfhaft die winzigen Augen . . . Mich
jammert der reuige Schnee auf den Äaaren all meiner
Feinde. Ich will nicht ihr Beichtiger, aber ihr Fußwäscher
sein und als ein ewiges Lächeln auf ihre Wangen mich
legen.
 
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