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Matrose

Max Reichpietsth

Justizmordes

Heizer

Albin Köbis

Mit den Engländern im Skagerrak wurden sie fertig!

Mit dem Admiral Sdieer wurden sie nicht fertig,

aber das war auch schwieriger!

Es muß durchgegriffen werden...

„Es mußte einmal durchgegriffen werden!“

Das war der alten Weisheit letzter Schluß.

In Perlach fiel zur Rätezeit kein Schuß,

Doch merkte man verdächtige Gebärden.

Proleten machten nicht mehr die devote
Verbeugung vor Pastoren und Behörden,

Sie trugen ihre Nacken hoch und frei.

Sonst nichts. — Da rief man Lützows Jägerei,

Sie kam, sah, siegte. Der Erfolg: Zwölf Tote .
Es mußte eben durchgegriffen werden.

„Es mußte einmal durchgegriffen werden.“

Der Offiziere Messe schwimmt in Sekt.

Nicht gegen die! Jedoch der Mann verreckt
Bei Dörrgemüse. Lachen auf Beschwerden!

Hier zeigt man Faust. Die Leute, was, verdrossen,
Weil sie bei Tag und Nacht im Dienst geschliffen?
Dagegen hilft sogleich ein Kriegsgericht.

Juristisch unhaltbar? Wir fragen nicht,

Die Rädelsführer werden totgeschossen!

Seht ihr? Wir haben Schneidig durchgegriffen!

Und das Finale? Überall das gleiche:

Der Mörder strahlt in der Gloriole Glanz,

Ein prompter Freispruch und ein Lorbeerkranz, —

Es gibt ja Richter noch im Deutschen Reiche!
Rechtsbruch und Mord sind teutsche Heldentat,
Verbrecher grinsen frech von hohen Pferden.

„Schreit ihr nach Recht! Uns schützt der bunte Rock,
Des Bürgers Knechtssinn und der deutsche Schmock!“

Doch einmal — einmal reift auch diese Saat.

Und dann, ihr Herrn, wird durchgegriffen werden.

Midi, von Lindenhecken.

Kabinettsbildung

Das neue Reichskabinett lhat runid zwei Monate gebraucht,
ehe es fertig war. Das ist viel zu wenig. So etwas
muß in Zukunft verhindert werden. Ein rechtschaffenes Kind
benötigt auch neun Monate, !bis eö komplett ist. Kabinette soll-
ten es nicht bester haben, als wir alle es hatten.

Es wird sich «deshalb empfehlen, für weitere vorkommende
Fälle die Krisendauer heraufzusetzen, auch aus dem Grunde,
weil ein kleiner Ausnahmezustand dazwischen ganz bekömm-
lich ist. Und wozu stände der in der Verfassung, wenn sie ihn
nicht ab und zu gewollt hätte? Es gibt zwar noch eine ganze
Menge Weimärchen, die «da drin stehen, und doch nicht in der
Wirklichkeit erscheinen — aber womit sollte man überhaupt
eine Ausnahme machen, wenn nicht mit dem Ausnahmezustand?
Der Name spricht deutlich genug «dafür.

Was auf keinen Fall so weiter gehen kann, wie bisher, das

ist das friedliche Zusammenwirken der für eine RegierungS-
koalition ausersehenen Parteien. Es tut auf die Dauer nicht
gut, wenn die Leute zu nett zueinander sind. Ein bißchen
Schwung in die Kolonnen! Künftig prüfe man nicht bloß die
Parteidifferenzen, sondern suche sich sorgfältig noch weitere
Konfliktg egen stände aus. Man sollte die Nasen-
länge, die Haarfarbe, den Schlips und die Schuhweite der
vorgesehenen Minister zu wichtigen Punkten der Debatte über
die Kabinetts-Zusammensetzung machen. Auch die Steuer-
und Hauptbücher der Kandidaten würden anregende Ver-
gleichsmomente und Verhandlungsstoffe ergeben. Damit ließe
sich schon allerhand Bewegung und frische Luft in das Be-
mühen um genaue Abwägung der Gegensätze bringen. Die
Herren Luther und Leicht werden sicher gern bereit sein, Richt-
linien in «diesem Sinne zwecks unterhaltsamer Komplizierung

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