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Monroe-Doktrin

Zeichnung von Zakobu« Selsen

Stachus: Tierschutz

An der Ecke, wo die Autowagen
Durch Lärm und Hatz des Alltags jagen,

Ward zwischen den Menschenscharen
Ein kleines Hündchen beinah' überfahren.

Das Tierchen quietschte und jaulte und schrie,

Und alle sprachen: Ach Gott, das arme Vieh!
Suchten in Taschen nach süßen Schätzen,

Fanden Schokolade und frische Bretzen.

Auö den Leuten, die sich sonst nie gekannt,

Wurde ein wahrer Familienverband. —

Alle trugen das gleiche Leid,

Fühlten die tiefste Menschlichkeit.

Das Hündlein hat übrigens nicht geblutet,

Erholte sich rasch, und als das nächste Auto tutet,
Leistete es auf die guten Dinge Verzicht,

Und schlich sich wie ein gebranntes Kind ganz dicht

An den Häusern entlang davon.

Hinkte noch ein wenig, — noch ein SchmerzenSton,

Und — um die Ecke. — Die feinen Herren und Damen
Nun auch ihren Weg wieder weiter nahmen.

Einmal klang's noch aus holdem Mündchen:

„Das arme, arme, liebe Hündchen!"

Ich stand dabei, ausgehungert, verfallen,

Und mußte krampfhaft meine Finger ballen,

Um nicht den Zucker, die Eierwecken
Aufzuheben und in den Mund zu stecken.

Hei, das konnte meinem Magen fo paffen!

Und ich habe doch alles liegen gelaffen.

Denn die Leute, die sich zwar um Menschenleid nicht kümmern,
Aber immerhin gerührt werden durch ein Wimmern
Von kleinen angefahrenen Hunden,

Hätten mein Verhalten sicher gemein gefunden.

eie haben sich bei mir melden laffen!
Sie wünschen?"

„Herr Direktor, mir ist ein Stunden-
lohn abgezogen worden, weil ich mich eine
Stunde verspätete; ich rettete eine Frau
vom Tode des Ertrinkens ..."

„Na, hören Sie mal! Entschädigt Sie
denn nicht das Bewußtsein einer edlen Tat
über einen lumpigen Stundenlohn . . .?!"
*

as alte Weiblein stand vor der Jung-
mühle und wollte sich durchmahlen
laffen. Da sagte der Mahlknecht zu ihr:
„Seid Ihr auch bereit, alle Dummheiten,
die Ihr in Eurem Leben begangen habt,
noch einmal durchzumachen? DaS müßt Ihr
nämlich!"

„Ach, du meine Güte!", sagte das alte
Weiblein. „Nee, dann verzichte ich lieber."
Und ging.

Aber auch der alte Diplomat begehrte
Eintritt.

„Tja", sagte der Mahlknecht, „Sie
müssen alle Dummheiten, die Sie be-
gangen haben, noch einmal durchmachen!
Bedenken Sie!"

„Mein Lieber", antwortete der Diplo-
mat, „damit können Sie mich nicht er-
schrecken. Die Dummheiten, die ich ge-
macht habe, haben bloß immer andern
Leuten geschadet!"

Ließ sich durchmahlen und nahm seine
Tätigkeit in vollem Umfange wieder auf.
*
 
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