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192.7

Jakobus ßeisen

den Leuten wurde ein viel besseres Amüsement geboten.

Pederomski vor deren AuSgang. Es konnte also niemand auS-
brechen. Ingo-Wladimir Pederomski hißte ein Manuskript und
! begann zu lesen.

LaS das erste, zweite, dritte, vierte und fünfte Kapitel.

Dann sagte er:

„Bis hierher bin ich gekommen. Und nun paßt einmal auf!
Ich bin eventuell geneigt, eine Konzession an das Publikum zu
L machen. Denkt einmal nach: Wißt ihr vielleicht einen recht v e r -
[ söhnenden Abschluß für meinen Roman?"

Man dachte nach.

„Nimm dirs Leben!" sagte Cicero Schmus dann.

Gar nichts, absolut gar nichts von irgendwelchem verdorbenen
gallischen Geiste hatte das Kostümfest der Studentenverbindung
„Cimbria". Lieblich anzuschauen unter dem Motto und in dem
alten herzigen Stil der Burschenherrlichkeit. Man sang die Lieder
vom Rhein und den holden Mägdlein und gar zarte Bande schlangen
sich hin und wieder. —

Als am Morgen um 8 Uhr der Wirt in den Saal kam, saßen da
nur die Kommilitonen, die alten ehrlichen Kerle, und tranken den
Frühschoppen.

„Wo haben Sie denn Ihre Damen?" fragte der Wirt.

Ernst erhob sich der erste Chargierte:

„Obwohl Sie von Damen sprechen, nehme ich an, daß Sie die
heut' nacht hier anwesend gewesenen Gäste weiblichen Geschlechts
meinen. — Wir mußten heut' morgen zu unserer ehrlichen Ent-
rüstung fcftstellen (mit erhobener sehr ernster Stimme), daß ij-.e ge-
nannten Frauenpersonen sich sämtlich heut' nacht des Vergehens ser
Unzucht schuldig gemacht haben. Wir haben daher sofort die nöngen
Schritte eingeleilet. Die Beschuldigten befinden sich auf dem Poli-
zeipräsidium."

Wie gesagt: gar nichts von gallischem Geist!

Auch die tieftragischen Saiten des Familienlebens schlägt der
Fasching an. Z. B. auf dem Vergnügen im Hotel „Libaurr Hof".

„Kennen Sie Herrn Puhlmann?" fragte Frau Puhlmann, ihren
Gatten suchend, einen Kellner.

„Ob ich Herrn Puhlmann kenne! Natürlich kenne ich Herrn
Puhlmann! Die Herrschaften logieren bei uns doch stets. Herr
Puhlmann, bitte sehr, sitzt dort drüben mrt seiner Frau."

Herr und Frau Puhlmann gingen etwas früher nach Haus....

Tragisch — tiefiragisch!

Stimmengewirr nach der Demaskierung.

„Sieh' mal, der dicke Polziner, der Weinhändler, ist als „Vater
Rhein" gekommen." „Ja, der führt dies Jahr wieder fo
kolossal viel Wasser mit sich, Eduard." — „Willibald, noch ein-
mal: Du sollst mit dem Frauenzimmer nicht tanzen. Die Person ist
ja dekolletiert bis an'n Blinddarm!" ,,Na, wieso, Frau Kon-
sistorialrat, wenn der Blinddarm man danach iS, is ja jut!" —
„Sprechen Sie vielleicht mit mir? Unerhört, ich sage Ihnen: —
und wenn Sie u o <t> dümmer sind, als Sie auösehen, mit mir —
verstehen Sie — mit mir — — " „ — Kann ick doch nich kon-
kurrieren, weeö ich ja, Iroßmuttcr!" — „Wo iS de Tür, wo iS de
Tür, der Tate bat solchen Drang!" „Wat for'n Drang hat denn
der Tate, Moritzchen?" „WaS fragensc? S" werd en Taten-
drang sein." — „Vater Rhein" macht n' Separatistenaufftand,
Egon." „Wieso?" „Er ist mit deiner Kolombine ins Separee
gegangen." „Donnerwetter, dem werd ich mal sofort daS linke
Ufer abtreten!" — „Servus Meyer, als was bist du denn ge-
kommen?" „Als was werd' ich gekommen sein — als Diktator
Mussolini!" „Ah — laß ich mir gefallen, laß ich mir
gefallen! Aber — hähä — woran erkennt man denn den Diktator?"

— „Nu — an der Blödheit derer, die sichs gefallen lassen."

RegierungsmasKenböll

Herr C u r t i u s kommt im Kostüm
Der braven Haushaltstante;

Er legt fürs Hindenburg-Regime
Was auf die hohe Kante.

Herr Köhler geht als Reichsetat,
Und ziemlich undurchsichtig,

Halb Reichswehr, halb Halleluja;
Das andre ist nicht wichtig.


Als tüchtiger Nationsvorstehr
Kommt Koch, zwecks rationeller
Neuregelung im Reichs verkehr;
Herrn Westarps Weichensteller.

Herr Brauns als Doktor Eisenbart
Kuriert die Arbeitslosen,

Und rationiert die Volks Wohlfahrt
In Silverbergschen Dosen.

Im Hintergründe blökt K e u d e 11
Ein Schund- und Schulgesetzchen,
Als Reichswehrwolf in Külzens Fell,
Und vor dem Bauch ein Lätzchen- -

Die ganze Maskenmogelei,
Wohin wird die schon führen,
Als zur solennen Keilerei,
Wenn die sich demaskieren!
 
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