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papierene») Schwanenkleid anschlug,
daß es hämmerte wie ein Ozean-
dampfer bei schwerem Wellengang.

„Was bist denn du für a' Mafch-
kera? . . . fragte ihn das EmpfanaS-
komitee an der Saaltüre.

„Geh, dös muaß doch a' tschecho-
slowakische Goaßbua sei', weil er a'
kloaneS Schaf dabei hat. . . .!"

„Na, der geht do' als a' Henna-
vogel! Siegst net di Flügel auf fei'm
Kopf? . . ."

Und obwohl nun der Pfaffinger
hätte wissen können, daß er die Kraft
seiner Sendung verliert, wenn er schon
bei der Landung seinen Namen nennt, sprach er doch: „Kennt'S ihr
dös net — i' bin da Lohengrin . , .! Und dös da is mei Schwan!"

Daß er nicht sogleich als Held erkannt und mit dem Brautmarsch
aus dem zweiten Akt begrüßt wurde, das beeinträchtigte auf eine
kleine Weile feine Ritterschaft. Während um ihn her Dreher wehten
und Frahsäh gestampft wurde, saß er als Lohengrin vor seinem Maß-
krug und sah melancholisch nach dem schaukelnden Bier, wobei er an
die Brandung der brabantischen Küste denken mußte.

„IessaS, da sitzt da Lohengrün! . . . Und grad zünfti fchaugt
er aus! . . . Magst net Hintere kemma zu uns? Bei der Musi
sitz' ma! . . ." rief ihm eine mit geblümtem Dirndlkoftüm über
drei Tische hinüber zu . . . Taver Pfaffinger wölbte heldisch seine
Brust. Da war eine, die ihn restlos erkannte. . . . Sie schrie
nach ihm! War es eine Art Elsa von Brabant, die einen Erretter
nötig hatte? Wer weiß cS? . . . Lohengrin wäre gemäß seiner
Sendung sogleich gefolgt, wenn nicht gerade jetzt sein Schwan ver-

langt hatte — auszmreten. Und ec
brauchte doch das Vieh zur Landung
an ihrem Tisch. . . .

Nachher aber brach er zu ihrem
Platze hinauf. An der Leine zog er
den Schwan nach, umgekehrt wie bei
Wagner. Aber der Vogel des Pfaf-
finger sah wirklich aus, als ob er
gerade den Wellen entstiegen wäre,
denn sein Kleid war seitlich durchnäßt.

Am Tisch bei der Musik empfing
ihn ein alkoholisches Gejohle. .• . .
„Hennavogel, da hau' die Hera!" . . .
— „Ganshandler, sauf da grad gnua!
Federnpepi! . . . Narrischa Deifi,
pflanz di hin!" schrien sic ihm entgegen. Und in der Heldenbruft
PfaffingerS wurde cs für eine gutgemeinte Huldigung ausgenommen.

„Nun sei bedankt, mein lieber Schwan! Zieh durch die weite
Flut zurück!" begann er nun zu singen. - „Geh, halt dei Maul und
sauf!" gröhlte ihm mit Baßstimme ein als Beduine Maskierter zu-
rück, der jener Dirndl-Elfa die Zipfel von Weißwursthäuten in den
Blufenausschnitt warf, daß sie vor Kitzeln laut aufkreischte, wobei sie
zufällig auf Lohengrins sauerkrautblondes Lockenhaar hinsah, daS aus
einem Flügelhelm wie die Füllung einer Kalbsbrust hervorquoll. —
Pfaffinger erkannte darin einen Anruf feines Heldentums und riß
das Schwert aus der Scheide: „Zum Kampf für eine Magd zu fteh'n,
der schwere" ... sang er ergreifend. - „WaaaS a Magd soll i' dir
sei?" kreischte die scheinbar hilfsbedürftige Elsa ihrem Retter zurück,
„du Hanöwurst mit deiner Bruathenna am Kopf! Du, Ludwigl,
soag's eahm, ob i' a' Magd war! . . ." Und schon stand der Beduine
Ludwig Zettelmeier, Obsthausierer am Isartorplatz, auf und schrie also:


„Du spinnatö Rindviech, du spinnatS! Derfft
du zu der meinigen Magd hinfag'n, wo sie Ver-
käuferin in einem Feinkostg'fchäft iS? . . ."
Und schon war der ganze Tisch alarmiert:
,,D' Schweinsbladern hen, daß ma den Deppen
a' bisserl entupfa kenn«! . . ." Und das taten
sie solange, bis dem armen Helden Lohengrin die
Federn über sechs Nachbartische hinflogen und
das weiße Kleid feines Schwanes, durch herab-
fließendes Bier durchweicht, in Fetzen herabhing.
So zog er ohne Elsa und Heldentat ab. Auf
dem Heimweg spraa- er zu seinem Begleiter:
„Siegst, die ganze Zaubakraft war nix, weilst du
a' Hundsviech warst und koa echter Schwan. . . .
Denn allaweil da Schwan macht'S, sowohl an
Zauber wia's G'schäft! . . . Dös siecht ma
bei uns im Hoftheadda! . . . Und drum hab'n
f' ma a dös Viech net gliehn. . . . Von weg'n
der Zauberkraft!" . . .

Die FA/chings/chtacht von Aackerick

Der Ritter von Keudell steht auf der Wacht
Mit feines Landkreises reisiger Macht.

„Wo ist der Feind?" — Er ist nicht hier!
„Den Finger drauf: Ihn schlagen wir!"

Eisern der Blick und versteift daS Genick,

Er steht an der Brücke von Zäckerick.

Held vom Scheitel bis zur Zeh,

Will er besiegen die rote Armee.

Leider vergaß er alleine das Eine:

Es gab gar keine!

Des Feldherrn gewaltige Rüstung ist
Er selbst, daneben ein Zivilist
Und neun von der Landgendarmerie.

Selten sah man Kämpen wie sie,

Neun Männer aus ftahlhart altpreußischem Guß,
Die Plempe gezogen, Gewehr bei Fuß,

Alle entschlossen, daö Letzte zu wagen,

Für Lüttwitz die blutige Schlacht zu schlagen.

. . . Die Nacht sinkt nieder; eö erscheint
Auf weiter Flur kein böser Feind.

Der Feldherr zieht die Stirne kraus:

Wir gehen nach Haus! Der Krieg ist aus!

Die Plempen werden eingesteckt,

Sie waren nur wenig mit Ruhm bedeckt.

Und die Moral von der Beschicht'?

Kriegsspielen geht ohne Gegner nicht!

Zum allermindeften muß ein
Markierter Feind vorhanden sein.

Henning Ouderstadt
 
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