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Aus Prinzip

In einer kleinen Likörftube in Leipzig ist der Wirt Jude.

Zwei arische Umhängebäuche aus der Provinz nehmen Platz.

Der Kellner erscheint.

„Gäämse uns zwee Schärribrandi!"

Der Chef geht vorüber und macht seine Verbeugung.

„Is'n das hier ä jiedischeö Logahl?" fragt der eine den
anderen.

„Sgommd mir balde fo vor!" sagt der andere zum einen.

Der Ober kommt und bringt die Schnäpse.

„Sie, häärnsemal, is'n Ihr Schäff Jude?" fragt der eine.

„Chgloobe, ja!" sagt der Kellner.

„Nu, da näämse man Ihr'n Schnabbö glei widdr midd!"
brüllt der andere durchs ganze Lokal. „Bei ä Iud'n goofn mir
nischd! Mir verlaffn undr Brodest das Logal!"

„Awwr meine Härrn, der Schärri is doch beschdälld!"
schreit der Ober.

Der Chef wird aufmerksam und erscheint eiligst.

„Herr Schäff", heult der Ober, „die Härrn ham zwee
Schärri beschdälld, und nu wollnse gen haam. Bei ä Iudn
däädnse nischd goofen."

„Aber meine Herren", sagt der Chef, „das verlange ich ja
gar nicht von Ihnen! Zu diesem Likör sind Sie von mir auö
eingeladen!"

Die beiden Umhängebäuche gucken sich furchtbar dumm an.

Der Chef verschwindet wieder.

Da sagt der eine: „Sollmr das annääm?"

Hierauf der andere: „Das gämmr ruhech annääm! Das
vrschdeesd ja nich gäächn unsre Brinziebjn. Dän Ham mir ja
nich gegoofd!"

„Na, Brohsd!"

Worauf sie ohne Gruß das Lokal verließen, ^ Weiner«.

Zweimal Bayerisches

I.

Ich komme mit einer Dame auf das
Postamt. Die Dame möchte etliche
Marken und hat es eilig. Der Post-
beamte hinter dem Schalter zählt
ruhig die eingenommenen Banknoten.
Die Dame wird ungeduldig und sagt
in gewohnter norddeutscher Konzilianz:
„Bitte, wollen Sie mich nicht bedie-
nen, ich muß noch auf die Bahn."
Sofort wird das aufschauende Be-
amtengesicht grantig: „Hier werd'nS
iberhaaps nicht bedient, hier werd'nS
bloß abgefertigt."

Darauf die Dame: „Naja, Sie
könnten doch ein wenig freundlicher
sein. Wenn ich als Kunde in einen
Laden komme, ist man doch auch freund-
lich. . . ."

Der Schaltermensch hat unterdes
mit Banknotenzählen aufgehört, fragt
mürrisch nach dem Wunsch und kläfft
abermals: „Bei uns sind Sie keine

Mich. v. Lindenhecken:

Straff über ihrem stählernen
Korsette

Spannt sich ihr Kleid, am Hals
fest zugezogen,

Und — seid versichert — wenn
sie einen hätte,

Würde beim Sprechen ihr der
Busen wogen.

Von Oskar Maria Graf

Kundschaft. . . . Bei uns gibt's bloß
ein Publikum!"

II.

Die Imsinger-Genoveva und der
Joseph Murnthaler haben sich neulich
trauen lasten. Hochzeit hat es keine ge-

Zeictmunx von Karl Holtz

3. Die Sittlichkeitstante

geben. Es ist überhaupt alles sehr brav
hergegangen, denn die Genovev' ist seit
Jahr und Tag Vorftänderin vom
chrift - katholischen Dienftbotenverein
und der Murnthaler versieht in un-
serm Dorf die Meßnerdienfte. Beide
Ehegatten haben — wie man bei uns
sagt — das Bigotte mit dem Löffel
gefressen. Immerhin, der Murn-
thaler-Sepp hat es manchmal nicht
ungern, seinem Mitteilungsbedürfnis
in der Wirtschaft freien Lauf zu
lassen. Wie ihn sein Spezi, der Bach-
linger-Taverl, kürzlich nach den ersten
Vorkommnissen in der Hochzeitsnacht
befragt hat, gab er ihm folgenden Be-
richt: „Hart is's scho g'wen, aba schee
aa wieda. . . . I hätt' mir ja net
traut, aba d' Genovev Hot noch'n AuS-
ziagn g'sogt: „Grüß Gott, tritt ein,
bring Glück herein", hat g'lacht und
d'Arm auseinander'to' und do bin i
hoit meinen Verpflüchtungen noch-
kcmma!"

Versammlungstypen

Das Nackte, das ihr die Ge*
schlechtslust weckt,

Sei streng verbannt aus Schau-
fenster und Laden.

Äußerst verdächtig ist ihr auch
das Baden;

Man badet nur aus sittlichem
Defekt!

Pathetisch kreischt sie auf wie eine Säge,

Die sich an zähen Eichenknorren wetzt.

Wie sehr die Kunst ihr Schamgefühl verletzt.

Und — ach — der Jugendschutz im argen läge.

Die Kunstausstellung — nichts als Schweinereien!
Das heutige Theater — ein Skandal!

Wir müßten uns von dieser Pest befreien,

Los von der Afterkunst! — Hinan zur Külz-Moral!

Der Bubikopf sei eine welsche Schmach
Und führe unser Volk zum Sittensturz.

Die freie Wade zieht die Unzucht nach,

Drum, Jungfrau’n, tragt die Röcke nie zu kurz!

Bei diesem Satz kriegt sie ’nen Nervenchoc.
Und eh’ das Publikum noch recht begreift,
Stürzt sie davon, — an ihrem Fuße schleift —
Verloren — ein flanellner Unterrock!
 
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