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Erich Weinert: Ballade vom Ritter Seldte

Sinnend saß er einst bei einem kräffgen
Doppelkümmel, den er selber braut,

Und er sagte zu sich, barsch und laut:

Nein, ich darf mich nicht mit süßen Säftchen,

Nein, ich muß mich heldenhaft beschäff gen,

Denn ich bin nun einmal so gebaut!

Seldte, der noch eben Kirschschnaps brannte,
Brannte plötzlich vor Erob'rungstrieb.

Worauf er mit einem flachen Hieb
Sich zum Ritter deutscher Art ernannte.

Und nun war er nicht nur Fabrikante,
Sondern, auch germanscher Heldentyp.

Und er sammelte in allen Gauen
Jünglinge von Schrot und echtem Korn,
Und begann, im ganzen Land zu schnorr n
Um Verpflegungsgelder und Vertrauen.
Hierauf zog er ab mit seinen Grauen,

Er als Feldherr an der Spitze vorn.

Unser Erbfeind, rief er, sei vernichtet!
Nähern wir uns ihm mit Disziplin!
Kameraden, vor uns liegt Berlin!

Jedes Schnaps- und Fernglas ward gerichtet
Auf Berlin, wo man den Feind gesichtet.
Und nun zog man paukend gegen ihn.

Hei, wie werden jetzt die Roten gaffen
Vor dem durchgedrückten Schritt und Tritt!
Ritter Seldte dröhnte wie Granit:
Schwarzweißrot wird heut den Sieg erraffen!
Aber leider war man ohne Waffen,

Auch die geisfgen hatte man nicht mit.

Seldte sammelte sein Heer quadratisch,
Und er sprach wie dunnemals Herr Kapp:
Feinde ringsum! (Aber nicht zu knapp!)
Ritter Seldte rief, und leicht asthmatisch:
Nein, der Feind ist mir zu unsympatisch!
Darauf rückten alle wieder ab. —

In der Ecke stehn nun die Gamaschen.
Ritter Seldte sitzt nun wie zuvor
Doppelkümmelnd im Privatkontor
Ohne Stahlhelm und Patronentaschen,
Und er zieht sein Heldentum auf Flaschen,
Und er träumt vom Krieg, den er verlor.

Ein Hugenberg-Redak-
teur wurde anläßlich der
historischen Hitlerver-
sammlung im „Clou"
schmählich von den Ver-
sammelten verhauen.

Die Hugenbergpreffe
schrieb kein Sterbens-
wörtchen.

Ein Mutiger erkundigte
sich bei dem Herrn Ge-
heimrat nach dem Grunde
dieses seltsamen Still-
schweigens. Die Antwort
war salomonisch (wenn der
Ausdruck hier erlaubt ist):
Meldet eine Mutter,
wenn ihr Kind sie geschla-
gen hat?-" K. S.

Aus Mussolinien

Zeichnung von Karl Holh

„Kannst du mir", fragt
Mickrigkeit seinen Freund
Nebenverdienst, „den Un-
terschied zwischen einer
Frau und einem Steh-
kragen nennen?"

Nebenverdienst sinnt
resultatlos.

„Ist auch gar keiner",
triumphiert Mickrigkeit.
„Bei beiden merkt man
erst, ob sie zu einem paffen,
wenn man sie — am
Halse hat!"

Offiziös wird gemeldet: Die Landarbeiter von Brescia haben,
um die Lira zu stützen, freiwillig auf zehn Prozent ihres
Lohnes verzichtet. — Unser Bild zeigt die Abstimmung.
 
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