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Indem fand auch die Else sich
wieder

Und flüsterte: „Morgen besucht
er dich!"

„Unterstehn soll er sich!

Denn erschtens biste noch ville zu
jung,

Un zweitens is er man 'n Laden-
schwung!"

Tagte mit leiser Stimme Frau
Krause,

Oer Unterschied

Sodann etwas lauter: „Jetzt jetzt
et nach Hause!

Jawoll, der Rejen wird imma
doller!

Man immer feste, Griefen; mein
Oller,

Der trinkt bloß seinen Topp Bier
noch aus."-

Und bald schollen sie sämtlich zum
Garten hinaus.

Hans Hyan.

Er sitzt bei der Arbeit. Arg vertieft. Welcher Professor
macht es nicht so?

Da schlägt wie eine gesprungene Kindertrompete die
Stimme seiner Mathilde durchs ganze Haus. Diese Stimme
trompetet schon zwanzig Jahre hier.

Sofort rafft sich der alte Herr aus. Schlürft hinaus. Da
steht neben seinem ledigen Weillsteufel ein etwas brüchiger
Mann.

Mathilde sagt: „Da, der «will was... und ich geh ein-
kaufen..." und springt wie ein Junge treppabwärts.

Zu dem brüchigen Mann sagt der Professor: „Lieber
Mann, was wolln's denn?"

„I bi untäernährt...," sagt der Mann und riecht nach
Spiritus.

„Sooo? .. woher wissen Sö denn, daß Sö unterernährt
sin? .. wissen Sö überhaupt, was der Mensch an Nahrung
täglich zu sich nehmen muß?" ereifert sich der Wissenschaftler.

„Hungri bin i^..," brummt der Spiritus.

Den Professor kommt es an, er möchte diesen aus-
erwählten Dummkops, der das Lebensnotwendigste nicht
weiß, seinen Studenten Vorstellen.

Er muß die Sache aber anders deichseln, geht in sein
Studierzimmer, kommt mit einem beschriebenen Blatt

Papier zurück, gibt das dem armen Mann und sagt: „Leider
habe ich kein Exemplar hier von meinem Buch ... Da haben
Sö vier Mark. Die Adresse der Buchhandlung und alles
andre steht da ... kaufen und lesen Sö das Buch..."

Mathilde kommt und hört die letzten Worte.

Der unterernährte Mann begibt sich in das Eckhaus, wo
eine Schweinsblase raushängt.

Schnaufend kommt Mathilde am Abend heim: „Herr
Professor, der unterernährte Mann hat mir am Weg er-
zählt, was der Mensch braucht... also eine große Blut-
wurst, fünf Stücker Brot, zwei Leberwürst, drei Quartel
Bier, dös langt für an halben Tag..."

„Verkehrt, falsch! Der Mann hat das Buch von meinem
Kollegen gekauft... ich bin Vegetarianer ... übrigens, das
verstehns net, Fräuln Mathilde...," sagt der Professor.

Da hat er den Nagel aus den Kopf getroffen. Das Fräu-
lein mault höhnisch: „Oetz da schau her.. dös sollt i net
vastehn? .. aba i sag Ehana den Unterschied ... Ehana
Kollex schreibt für die Fleischfresser und lebt von Kraut und
Rüben... Sie aba reden und schreiben für die G'müse-
bauern und bei uns gibts alle Tag fünf Pfund Fleisch..."

Kuckuck.

Die Rückschrittsinternationale.

Ein Sprechchor von Theoderich Neumond.

Auf der Bühne erscheint von rechts Graf Westarp mit
Herrn Everling.

Westarp: Ich bin auf Preußen messerscharf
Und heische es dringend als Beute,

Weil fürder man nicht dulden darf
Die Korruption dieser Leute.

Ein Minister, der keinerlei Posten verteilt
An Söhne, Neffen und Vettern,

Ist wert, daß er nicht mehr im Amte verweilt,

Er weiche den Vaterlandsrettem.

Everling: In einer echten Republik
Müssen Monarchisten regieren.

Das ist die richtige Politik . . .

Aus der Mitte tritt auf

Reichskanzler Marx: Wie wir sie gemeinsam führen.
Einst hab' ich fest und unbeirrt
Für Schwarzrotgold gestritten.

Heut' sei auf Hörsing und auf Wirth
Eine scharfe Attacke geritten.

Sie gehen nach rechts ab. Sehnsüchtig sieht ihnen der
verflossene mecklenburgische Premier Herr von

Brandenstein nach und seufzt: Wie gerne tauscht

ich mit euch mein Los,

Ihr herrschenden Herren vom Reiche,

Doch machen mir Schmerzen riesengroß
Rötliche Backenstreiche.

Ein Berliner Schnellrichter: Hakenkreuzbacken

streiche ich nicht.

Ich will sie nur zärtlich streicheln.

Gerechtigkeit tut zwar blind ihre Pflicht,

Doch: die blinde Sau findet auch Eicheln!

Herr Goebbels: Mir ward versagt, in Groß-Berlin
Zu vergummiknüppeln die Roten.

Graf Reventlow: Sie können gottlob nach München

ziehn.

Wo der Geist von Weimar verboten I

Er tut dies, worauf sich die Szene verändert. Aus den Hinter-
gründen stürzen, furchtbare Keulen schwingend, Baldwin und
Litwinoff.

Baldwin: Ich lenke Old-England stockkonservativ.
Nun ist alles verwirrt und verheddert.

Und ging auch mein Scherz mit den Geldschränken schief:
Fanfaren werden geschmettert!

Litwinow: Dunkelrot ist unser Panier,

Doch auch wir können schnauben und fauchen
Und führen die gleiche Sprache allhier.

Die Londons Diehards gebrauchen.

Der Chorus, verstärkt durch Mussolini,Primo e tuttiquanti:

Wenn unsere Augen von Fall zu Fall
Vor Patriotismus funkeln:

Wir sind zuhause überall
Und wählen und wirken im Dunkeln
Der Vorhang fällt verärgert.
 
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