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Lampe, Peter
Ad ecclesiae unitatem: eine exegetisch-theologische und sozialpsychologische Paulusstudie — 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.48669#0227

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paulinischen Christen erhalten, dafür sorgte bereits die
Missions- und Reisetätigkeit der Gemeinden. Aber deutlich war
im Kopf jedes einzelnen auch bei solchen Kontakten das
Bewusstsein für ein Gegenüber zwischen Innen und Aussen ~~
ausgeprägt. Selbst wer als "starker" Christ im Tempel bei
Opfermahlzeiten mitschmauste, stand in Distanz zu diesem
Geschehen, weil er die dortigen Gotter für Nichtse hielt:
Selbst solch extreme Outgroup-Aktivität wurde vom Betreffenden
in innergemeindlichen Denkkategorien erfasst. Es gab
offensichtlich keinen Lebensbereich, in den das
Gruppengeschehen nicht ausstrahlte. Das Leben der einzelnen
war mehr oder weniger in toto auf das Geschehen und Denken in
der Gruppe hin orientiert, selbst dann, wenn sich Teile dieses
Lebens ausserhalb der Gruppe abspielten und mit häufigen
sozialen Kontakten zur Aussenwelt durchsetzt waren. Auf die in
den Köpfen - auch während solcher Kontakte - vorhandene
distanzierte Einstellung kam alles an; sie garantierte den
hohen Abgrenzungsgrad trotz der vielfältigen Aussenkontakte.
Wie wichtig dieser hohe Grad von Innenorientierung nicht
nur im Zusammenhang der Kohäsion, sondern auch für die
Aufrechterhaltung des Glaubens der einzelnen war, lehrt die
Attitudenforschung Kurt Lewins, wie er sie klassisch in "Die
Lösung sozialer Konflikte" (Bad Nauheim 19683 , 92-1 10)
beschrieben hat. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, wenn
jemand in ein neues System von Werten hinuberwechselt und
diese radikale Einstellungsänderung vollauf gelingen soll? Auf
unser Material angewendet: Wodurch wird garantiert, dass der
Übertritt eines paganen Makedoniers zum christlichen Glauben
gelingt und als radikale Einstellungsänderung von Dauer sein
kann? Lewin 95: "Es handelt sich um einen Vorgang, bei dem die
Veränderungen von Wissen und Glauben, von Werten und
Massstäben, von gefühlsmässigen Neigungen und Bedürfnissen und
solchen des täglichen Verhaltens nicht stückweise und
voneinander unabhängig eintreten, sondern im Rahmen des
totalen Lebens, das das Individuum in der Gruppe führt."
Werden die Outgroup-Aktivitäten beschränkt, so erhöht das den
Grad dieses "totalen Lebens" in der Gruppe. Die Reduktion der
Aussen-Interessen und -Aktivitäten ermöglicht es den
einzelnen, im Glauben standhaft zu bleiben. Phil 3,19; 4,1
bieten entspechend beides nebeneinander: den Tadel für die
Orientierung nach "irdischen Dingen" und das "Feststehen im
 
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