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Lavater, Johann Caspar; Reich, Philipp Erasmus [Oth.]; Steiner, Heinrich [Oth.]; Weidmanns Erben und Reich [Contr.]; Heinrich Steiner & Comp. [Contr.]
Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe (Band 4) — Leipzig: Weidmann und Reich, 1778 [VD18 90197488-ddd]

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https://doi.org/10.11588/diglit.62539#0618

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472 x. Abschnitt. I. Fragment.
Erwartung wird dir die Augen öffnen, zu sehen, was niemand sieht — ehe man's ihm Zeigt, und jedermann
sieht, sobald man's ihm zeigt.
24.
Und dann laß mich, Mitforscher der Menschheit, die Bitte nochmals wiederholen -— llrtheile we-
nig! Wie sehr man in dich dringe, um dich entweder als einen Narren Zu verlachen, oder mit Narrenlächeln
dich zu bewundern! Weise die indiskreten Inquisitoren entschlossen und ruhig ab. Du handelst thörichk, wenn
du dich thörichten Forderungen Preiß giebst. Wie sehr du'ö immer sagest — du könnest dich irren — Irrest
du einmal, so ist des unbändigen, alle Schaam vergessenden Gelächters eben so viel, als wenn du behauptet
haktest: ich irre mich nie.
Beschluß.
Aber so wird denn viel zu einem vernünftigen gründlichen Studium der Physiognomik erfordert?
Ja, lieber Graf, viel! sehr viel!—Ich weißes, was es ist, Physiognomie studieren — und
weiß, wie erstaunlich weit ich noch zurück bin. Wem'ö um Wahrheit, nicht um Schimmer, um Beförde-
rung der allgemeinen Glückseligkeit, auch durch physiognomische Wahrheit, zu thun ist —- der wird es nicht so
leicht auf sich nehmen, sich mit diesem Studium abzugeben; und ich kann's nicht genug sagen — Es ist mit
einer der Hauptzwecke dieses Werks, eben sowohl von der Physiognomik abzuschrecken, wer nicht Sinn, Fä-
higkeit, Muße und Beruf dazu hat; als den zu ermuntern — wer's hat; und ihm ganz vertraulich und ohn'
alle Arkanumsmiene alles, was ich beobachtet habe, und den Weg meiner Beobachtung natürlich und einfältig
zu erzählen.
So unvollständig, mein lieber Graf, diese Anweisung immer ist, (kaum jemand kann ihre Unvoll-
ständigkeit lebhafter empfinden, als ich) — ich bin dennoch bis zur völligsten Beruhigung überzeugt, daß der,
der mit Geist und Sinn für Wahrheit und Natur sie befolgen wird, Wunder und Geheimnisse in der Menschen
Natur überhaupt, und in hundert einzelnen Menschengesichtern entdecken wird, die seinen Fleiß und seine Nach-
forschung überschwenglich belohnen Werdern
Auch davon bin ich überzeugt, daß er mit jedem Schritte, den er weiter thuk, neue Nachsicht und
Behutsamkeit lernen wird. Sicherheit und Behutsamkeit werden in gleichem Schritte mit ihm zu seiner Rech-
ten und Unken fortschreiten.
Je mehr er auf der einen Seite Gewißheit erlangen wird; desto weniger voreilig wird er auf der andern
Seite mit seinen Urtheilen und Entscheidungen seyn. —-
Von Ihnen, weiser Menschenfreund, vortrefflicher Zeichner, erwarte ich neue Vorschläge, Rache, Er-
innerungen — und alles, was die Kenntniß guter und weiser Menschen befördern kann.

Ich
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