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10

^räffer.

Br. 15

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in DErfdiiEbEnEr KnllenbrrEifung.


Ostermasser. ^s>
gn bem §aufc beS fRcntierS Stulidc, früheren SJlaurerpolierS,
faßen an bem Slbcnb vor Oftern SDlarie imb iljr beimlidj verlobter
©räutigam Sluguft. SDiarie War eine bebe ©lonbine mit sattem ®eint,
bet leibet burd) einige ©ommerfproffen getrübt mürbe, alle SJiittcl
bagegen waren erfolglos geblieben; ein gläfdjd)en Ofterwaffer pt
befitjen mar beSpälb iljr JperjenSrounfd). ®&n ©otfSglauben nad)
befißt niimtid) ©preewaffer, wcldjcS am Öftermorgen jwifdjen jwölf unb
ein Uljr gefdjöpft wirb, eine wunberfame tpeilt'raft gegen ©ommerfproffen
unb glcdjten. ©elbliverftiinblid) erbot fid; Sluguft jur Erfüllung biefeS
SBunfdjeS; ein perjbafter Kuß lohnte als SlbfdjlagSjaplung baS ©erfpredjen.
Wegen jepn llljr verließ er baS fpauS feine« Schwiegervaters in
spe, begab fid; nad) feiner ©tammfneipe unb ftplenberte von bört itad)
jwölf Upr ber gannowih’ffiriide ju, nadjbent :«r fid) mit einer 2Bciß>
bierflafdjc auSgerüftet batte. Seiber ift ber Erwerb biefer wcrtpvollen
ißatentmebijin mit einer feljr fdjweren tßebingung berfmipft, weldje bariu
beftept, baß bie ©erfon, bie baS SBaffer fdjöpft, von bem Slugenblirf
an, bis fie eS in ihre SBolmung gebradjt l;at, feinen Saut
v o u fid) geben b a r f, wibrigcnfalls baffclbc ganj gewöljnlidjeS
©preewaffer bleibt. Siun ift für baS ulffreubige ©erlitt biefc ©tunbe
eine Ottclle beS größten ©aubiumS. ®ic ©törenfriebe vcrfanuncln
fid; an ber ©rüde unb fudjeu bie Sdjöpfenben burd; allerlei fpaßljaftc
Sieijungeit jum ©predjen ju bewegen
Sluguft war feft cntfdiloffen, jeber ©erfudjung ju wiberftepen, aber
faunt batte er bie glafdje gefüllt, als aud) fdjon einipagel von Kalauern
auf ipn nieberpraffclte.
„®u g-ripe, fiel mal, ba fommt (Jener mit 'ne füljle Süßeiße in
be ®afd;c!"
„SBat vor 'ne Sorte mag bet wo't finb, Älaufing'fdje ober
Sanbre’jdje?"
„fiamift ja mal foften."
„Sie, fUlännefen, wat wott’n Sic’n bainit inadjeu? ©ielleidjt
bie §ül;ncroogen von be ©eene vertreiben?"
„Et fann od) finb, baß er feine ©roßmutter bie SKunjeln auS't
gefidjte wafdjen will!"
„Ober am Enbe ftippt er feine Suppernäfe rein, bamit fie wieber
weiß wirb!"
®amit entriß ber baumlange Kerl Sluguft bie glafdje unb ljielt
fie gegen baS ®aSlid)t.
„©erbammter Sümmel," fdjrie ber Slermfte, „bie glafdje per
ober — "
„§a, lja, l)a!" jubelte bie iDienge, „bett Ijiitten wir glürfltd) junt
©predjen gebracht!" unb wanbte fid) einem anbern Opfer ju.
„So!" fagte ber Sange unb goß bie glafd)e auS, „nu Ijolen Sie
fid) noep eene ©ulte voll; ba unten fdjwemntt eene janje Spree voll!
SXber Ijordj! ®et fdjlägt fd)on (Sens! Qammeridjabe!" —
äluguft fdjlid) betrübt nad) §aufc. Slber waS tljut man uidjt,
um ein vcrmögcnbcS SJläbdjen ju erobern? Ofterwajfer mußte fie
(jaben, es mag Ijerfommcn, wo es will!
Siuige2/imutcn fpäter ftaub er an ber ©umpe beS §ofeS, bod)
ju redjtcr fid ’hm ein, baß baS ©ewegen beS ©djwengels ftets ein
pfeifenbeS ©eräufdj Ijervorbradjte. ©cSIjalb füllte er bie glafdje aus bem
unter bem Stoljr befinblidjen Quber unb fdjlid) vorfidjtig auf ben Bepem
fpitjen in fein Qimmcr.-
Ein ®ienftmann bradjte in aller grüße gräulein SRarie Kulitfe
eine glafdje:
„®(jeuerfte fbiarie!
®u erljälft anbei bie verfptodjenc glafdje Ofterwaffer; möge
eS in allen gälten fcgenSreid) für ®idj wirten.
®cn ffieft beS woplverbienten fußen SopitcS erwartet heute
’Jiadjmittag ®ein
Sluguft.“
SllS Sluguft am Stadjmitag in bie SBoIjnung SJiarie’S eilte,
weigerte ipm baS ®ienftmäbdjcn ben Eintritt. SJlarie war franf!
Sim folgenbeu Sage würbe iljm Slufflärung burd) folgenben ©rief:
„S)lein §err!
®ie grediljeit, mit weldjcr Sie es wagten, mir 5Safd;blau =
anftatt Ofterwaffer ju fenben, unb bie uiwerfdjämtc gronie gprer
geilen pebt alte freunbfdjaftlidjen ©ejietiungen jwiidjen uns auf.
fülein einziger SBimid) ift ber, baß Sie mir fo Viel als möglidj fern
bleiben. SRarie Kulitfe."
®a§ wat baS erftc unb leiste SDlal, baß Sluguft Ofterwaffer
fdjöpfte! K.
 
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