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Lustige Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands — 14.1899

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No. 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.41206#0124
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Ein Nachmittag auf Samoa.


Um 1 Uhr kommt Mataafa auf den Thron. Bis2 Uhr reicht die deutsche Protektion. wird Tamasese aufgeführt,


Den dort bis 3 der Britte protegirt. Um 4 regiert der junge Malietoa Bis 5 von Yankees Gnaden auf Samoa.


Und nun ereignet sich, was keiner dachte, — Es tritt „SchlagSechse“ ein um Punkto achte.

Das Kondominat.
König Tamasese: Der
deutsche Konsul soll sofort er-
scheinen, ich habe ein ernstes
Wort mit ihm zu reden.
Der deutsche Konsul:
Hier bin ich; welche Befehle
wünscht Du von mir entgegen-
zunehmen?
KönigTamasese: Ich bin
mit den Zuständen auf Samoa
unzufrieden, man beschränkt
mein Machtbereich, man intriguirt gegen
mich. Dafür mache ich Dich verantwortlich.
D er deutsche Konsul: Nimm Dich in
Acht, Tamasese! Du bist hier nichts weiter als
ein simpler König und hast zu gehorchen. Wenn
Du noch einmal aufmuckst, setze ich Dich ab.
Der englische Konsul: Oho, was
ist das für eine Sprache! Kennen Sie nicht
meine Befugnisse, Sie deutscher Konsul?
Ich habe das Recht, Sie einzusperren, und
werde es ganz bestimmt thun, wenn der-
artige Auftritte sich wiederholen sollten.
Der deutsche Konsul: Was in Ihren
Befugnissen steht, ist mir gleichgiltig; da-
gegen habe ich die Macht, Sie auszuweisen,
also nehmen Sie sich in Acht!
König Malietoa der Jüngere: Was
höre ich? Ein Streit zwischen zwei Konsuln?
Da muss ich doch interveniren!
Der englische Konsul: Majestät,
kümmern Sie sich gefälligst um Ihre eigenen
Angelegenheiten! Wenn Sie sich unterstehen,
hier auch nur im Mindesten schlichten zu
wollen, hau’ ich Ihnen eins in die Backzähne,
Majestät!
König Mataafa (von rechts): Was ist
denn hier los? Kann man denn hier nicht
einen Augenblick regieren, ohne dass die
übrigen Könige und Konsuln, die mit mir
gemeinsam sonst so einträchtig herrschen,
gegen einander losgehen?
DeramerikanischeKonsul (von links):
Haltet den König! Er ist mir entwischt, er
will sich meiner Aufsicht entziehen!
DerdeutscheOberrichter: Nur ruhig

Blut, meine Herren! Wenn hier Differenzen
entstanden sind, so liegt es mir ob, Alles
wieder in Ordnung zu bringen. Also, was
liegt vor?
Der englische Oberrichter: Ach,
hier sind so ein paar lumpige Könige, die
nicht Ordre pariren wollen.
Der amerikanische Oberrichter:
Wem Ordre pariren? etwa Ihnen? oder dem
Deutschen? Mir haben sie Ordre zu pariren,
sonst werden sie abgesetzt!
Der deutsche Konsul: Mässigen Sie
sich; Sie scheinen nicht zu wissen, dass ich
Sie vor anderthalb Sekunden in Inaktivität
versetzt habe.
Der amerikanische Konsul: Für
diesen Willkürakt diktire ich Ihnen vierzehn
Tage Haft.
König Mataafa: Worauf ich ihn sofort
kraft meines Hoheitsrechtes begnadige.
König Tamasese: Lächerlich! Von

allen Königen, die auf dieser Inselgruppe
nichts zu sagen haben, bist Du wohl der
letzte, der begnadigen dürfte.
Der amerikanische Oberrichter:
Die Könige haben hier überhaupt zu
schweigen, wenn die Beamten reden. Um
es kurz zu machen, setze ich hiermit sämmt-
liehe Persönlichkeiten ab, mit Ausnahme des
amerikanischen Konsuls.
Der deutsche Konsul: Dann bleibt
mir nichts übrig, als Ihnen die Vollmachten
zu entziehen, die Sie so schnöde miss-
brauchen.
Der deutsche Oberrichter: Die
Sachlage scheint nunmehr hinlänglich ge-
klärt. Ich entlasse die drei Könige sowie
die englischen und amerikanischen Konsuln
und Oberrichter mit einer ernsten Ver-
warnung, indem ich die Hoffnung ausspreche,
dass so etwas nicht wieder vorkommt.

No. 8.

LUSTIGE BLÄTTER.

&
 
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