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Qrundzüge des Völkerrechts.
(Auf den grünen Tisch der Conferenz im Haag niedergelegt.)
Internationales Schiedsgericht. Es entscheidet
darüber, wer Recht hat. Wer sich ihm unterwirft, erkennt
seinen Spruch als inappellabel an. Niemand ist verpflichtet,
sich ihm zu unterwerfen. Wer es aber doch thut, darf
immer noch an die höhere Instanz appelliren. Die höhere
Instanz ist die Kanone. Mithin ist das internationale Schieds-
gericht, nach seinem völkerrechtlichen Werthe gemessen
unter der Kanone.
Interessensphäre. Sie existirt da, wo man nichts
zu suchen hat. Der Begriff der Interessensphäre ist schwer
zu definiren und erhellt deshalb am besten aus Beispielen:
der Taubenschlag bildet die Interessensphäre des Habichts,
der Hühnerstall die des Fuchses, das Schaufenster des
Juweliers gehört zur Interessensphäre des Einbrechers.
Sobald eine stärkere Macht aus der Geschichte und Völker-
kunde nachweist, dass eine schwächere ihr nicht das
geringste schuldet, konstruirt es daselbst eine Interessen-
sphäre. Das weitere findet sich von selbst.
Unterseeboot. Verträgt sich nicht mit den An-
forderungen der modernen Humanität. Seine Anwendung
ist daher vom Landkriege unbedingt auszuschliessen und
auch im Seekriege allen Staaten zu verbieten, die kein
solches besitzen. Gefechte, welche mit Hilfe von Untersee-
boten gewonnen werden, sind ungültig und müssen noch
einmal überseeisch ausgefochten werden.
Explosivgeschosse. Als Grundzug einer wahr-
haft gesitteten Kriegsführung hat zu gelten, dass ein
Flintenschuss höchstens vier lebendige Menschen in
Leichen oder Krüppel verwandeln darf. Da indess ex-
plodirende Flintengeschosse (Dum-Dums etc.) diese Zahl
häufig überschreiten, so müssen sie überall, wo es angeht,
durch Melinitbomben ersetzt werden, von denen eine
einzige soviel leistet wie zwanzig Dum-Dums.
Status quo. Um den fortgesetzten, immer uner-
träglicher werdenden Rüstungen endlich Einhalt zu ge-
bieten, bleibt nichts, anderes übrig, als die Mächte auf den
Status quo zu verpflichten. Status quo ist ein Fremdwort
und muss desshalb volksthümlich erklärt werden. Status
quo ist das, was, wenn man darüber hinausgeht, geht der
andere ebenfalls darüber hinaus. Eine Grossmacht, die
ihre Rüstungen über den Status quo fortsetzt, stellt sich
damit nach Annahme dieses Entwurfs ausserhalb des
Völkerrechtsund hat sich dieFolgen: Umwandlung der Halb-
in Ganzbataillone, Erzielung bedeutender Majoritäten in Par-
lamenten, Bereitwilligkeit des Finanzministers und rasches
Avancement der Offiziere — selbst zuzuschreiben. m.

In der Bismarck-Fakultät.
„Das Deutsche Volk hat ein Recht daraut,
zu verlangen, dass der Reichstag nicht ver-
berlinert; es war mein ernstgemeinter Gedanke,
den Reichstag von Berlin weg zu verlegen.“
Bismarck in Buscli’s „Tagebuchblättern“.
Lehrer: Wo tagt der Deutsche Reichstag?
Erster Schüler: In Berlin.
Lehrer: Was thut er da?
Erster Schüler: Er verberlinert.
Lehrer: Was muss also mit ihm geschehen?
Erster Schüler: Er muss entberlinert werden.
Lehrer: Gut. Der Folgende! Wo befindet sich das
Reichsgericht?
Zweiter Schüler: In Leipzig.
Lehrer: Zu welchem Zweck?
Zweiter Schüler: Um daselbst zu verleipzigern. Also
muss es entleipzigert werden.
Lehrer: Richtig. Ihr habt die Methode begriffen. Kommen
wir nun auf den Reichstag zurück. Wohin wäre der wohl am
besten zu verlegen?
Dritter Schüler: Nach einem Ort, wo die Berliner
Opposition von selbst mundtodt werden würde.
Lehrer: Das ist keine präzise Antwort. Du musst mir
den Ort nennen.
Dritter Schüler: Nach Neunkirchen, ins Königreich
Stumm, dort würde er natürlich verstummen.
Lehrer: Sehr gut. Ich bin mit euch zufrieden und will
euch zur Belohnung den Nachmittag freigeben.


Der Bittgang.
„Wohin denn so eilig, Wöglerin?“
„„Nach Wampersdorf ’nüber in d’ Kircha, i’ hab’ a b’sunder’s
Anlieg’n heut’ an unsern Herrgott!““
„So, so, ist er heut’ in Wampersdorf drent?“

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LUSTIGE BLÄTTER

No. 16.
 
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