Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Entwurf zu einem Triptychon für einen harmlosen Spielclub.


Gestern noch auf hohen Rossen

Heute mächtig angeschossen —

Morgen schiebt man ihn schon abi

McDuddley.
(Ein treuherziges Stück aus der englischen
Siegsgeschichte.)
McDuddley war ein sehr tapferer Soldat.
Sein Herz schlug warm für’s Vaterland, und
seine Knie waren kalt, denn er trug sie
nackt, weil er ein Hochländer war.
Als der Krieg mit Transvaal ausbrach, und
McDuddley hörte, dass der alte Wüstling
Krüger die gute Königin zwingen wollte, ihn
zu heirathen, da hielt es McDuddley nicht
länger zu Hause. Er küsste rasch noch ein-
mal John Hicksons Frau, die er sehr lieb hatte,
und schiffte sich ein mit seinem warmen
Herzen und seinen kalten, nackten Knien.
Und als es dann da unten bei Nixburg
zum Kampf kam mit den Buren und General
TobyWigth sich mit grosserTapferkeit zurück-
zog, da war McDuddley bei dieser strate-
gischen Bewegung einsichtsvoll unter den
Vordersten. Er war es auch, der dieDepesche
Toby Wigths an Chamberlain besorgte, worin
es hiess: „Wir sind heute in anstrengenden
Märschen 22 Kilometer nach rückwärts vor-
gerückt. Wir hatten ein siegreiches Gefecht
und keine Verluste, denn am Morgen waren
wir 450 Mann stark und heute Abend sind
wir 45 Mann stark. Es fehlt mithin nur eine
Null. Die Buren folgen uns in äusserster
Niedergeschlagenheit, die sich in wohl-
gezielten Schüssen Luft macht.“
Am selben Abendnoch schrieb McDuddley

an John Hicksons Frau, London, City 52:
„Liebe Mary, ich habe in der heutigen sieg-
reichen Schlacht ein theures Leben — ich
darf wohl sagen: mit Umsicht — vor Schaden
bewahrt. Einer von den Buren sah Deinem
Mann ähnlich, und ich ging ihm und seinen
Freunden deshalb aus dem Wege. Unser
Rückmarsch ist ein sportliches Ereigniss
erster Ordnung. Wir schlagen den Weltrekord
um eine Meile . . .“
Zwei Tage später wurde McDuddley bei
Pittsburg von den Buren gefangen, als er
gerade dabei war, auf eigene Faust eine
militärische Operation gegen den Hühnerstall
eines verlassenen Gehöfts zu unternehmen.
Die Buren beschlossen, ihn nach Johannes-
burg zu schicken und brachen mit ihm auf.
Als sie am Telegraphenbüreau des Städtchens
vorbeikamen,batdergewissenhafteMcDuddley,
über sein Schicksal an eine geliebte Seele
nach England berichten zu dürfen. Das wurde
ihm bewilligt. Da telegraphirte der gute
McDuddley mit dem warmen Herzen und
den kalten Knien an John Hicksons Frau:
„Ich marschire soeben auf Johannesburg,
das mir sofort seine Thore öffnen wird.“
Dieses Telegramm McDuddley's wurde
im Unterhause unter nicht endenwollendem
Jubel vorgelesen, und Miss Hickson war eine
Stunde später eine berühmte Frau. Eine
Strasse wurde nach ihr genannt, der Lord-
major machte ihr eine Kaffeevisite, die Königin
sandte ihr sechs Flaschen Whisky und ihr

Porträt, und der Vicekönig von Indien schenkte
ihr einen zahmen Elefanten.
Der Mann von Mrs. Hickson aber ging
mit strahlendem Gesichte in der City umher
und sagte zu Jedem, der’s hören wollte:
„McDuddley ist ein vorzüglicher Mann. Ich
wusste das immer. McDuddley hat schon
soviel für mich gethan, ich ahnte es, dass er
eines Tages etwas für ganz England thun
würde . . m. sp.
Brief eines Charlottenburger Poly-
technikers an einen Kollegen
Lieber Freund!
Das war eine Jubiläumsfeier! Endlich
haben auch wir den langentbehrten Titel,
den herrlichen Dr. - ing.! Du kannst Dir
denken, dass wir als drin k feste Männer
das Ereigniss gleich mit einem solennen
Dr.-ing.-Feste feierten! — Nun kommen
natürlich auch wieder die Nörgler und sagen:
„Doktor - Ingenieur“ wäre keine richtige
Wortbildung. Als ob das nicht ganz klar
wäre: „Eisenbahn-Ingenieur“ ist ein In-
genieur, der eine Eisenbahn gebaut hat, und
„Doktor-Ingenieur“ isteben einer, derden
Doktor „gebaut“ hat! — Das Thema für meine
Doktor-Arbeit habe ich bereits gewählt. Es
lautet: „Die Konstruktion des Thores für ein
Trockendock.“ Und nun sage einer, das wäre
keine Dock-Thor-Arbeit! Es grüsst Dich
Paul Technicky, Candidat-Ingenieur.

LUSTIGE BLÄTTER.

3

No. 45
 
Annotationen