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Politisches Duett.
Liberaler:
Bewilligt Ihr die Flottenvermehrung?
Agrarier:
Gewiss, der Kaiser wünscht es persönlich,
Ein solcher Wunsch findet meistens Erhörung, —
Nicht immer freilich, indessen gewöhnlich.
Selbstredend, wie schon in früheren Fällen,
Müssen wir unsere Bedingung stellen.
Liberaler:
Bedingung? Das klingt ja beinahe despotisch;
Freiwillig müsst Ihr die Flotte vermehren,
In diesem Moment war’ es unpatriotisch,
Den Kuhhandel wieder heraufzubeschwören.
Agrarier:
Ach was, die Rechnung liegt ja ganz simpel,
Hier wird gehandelt, wir sind keine Gimpel:
Wir geben die Schiffe und kriegen dafür
Erhöhte Zölle auf Roggen und Weizen,
So haben beide Theile Plaisir,
Hier heisst es: handle, ohne zu geizen.
Liberaler:
Nur sachte, Herr Bündler, das Volk wird sich
wehren,
Die Brodvertheuerung wird Euch nicht glücken.
Agrarier:
Der Sieg wird, wie immer, der Mehrh ei t gehören,
Wir werden Euch per majora erdrücken.
Liberaler:
So, so, erdrücken, das war’ ja recht tüchtig;
Nun sage mir, Wahrer der Rechts-Interessen:
Ist wirklich der Ausdruck „Erdrücken“ richtig?
Und muss es nicht eigentlich heissen: „Er-
pressen“? m.
Ein Renommist.
Herr (im Cafe zum Direktor einer Privat-Oper):
Nun, wie geht es in Ihrem Theater? hebt sich
der Besuch?
Direktor: Enorm; wir wissen uns vor
dem Andrang des Publikums kaum noch zu
retten. Gestern haben wir den „Lohengrin“
bei geräumtem Orchester gespielt!

Phantasie aus der Markgrafen-Allee.

Monumentale Rache.

Duett
aus her Liederposse
,,D!e Engländer in Transvaal“
oder: „John und Paul“.
John: Nach Transvaal, sagt er
Flab’ i Eil’, sagt er
Und die Buren, sagt er
Die kriegen Keil’, sagt er
Da giebt’s Gold, sagt er
Diamant’, sagt er
Die g’hör’n all’, sagt er
Engelland.
Paul: Kumm man ran, seggt ’e
0, John Bull, seggt ’e
Wat to dull is, seggt ’e
Is to dull, segg ’e
Old bloody fellow, seggt ’e
Kumm man rut, seggt ’e
Hest woll lang nicks, seggt ’e
An de Snut.
John: Sieg auf Sieg, sagt er
Telegraph, sagt er
Und die Buren, sagt er
Fliehn wie Schaf’, sagt er
Elandslaagte, sagt er
Und Mafeking, sagt er
Das Transvaal, sagt er
Krieg’n mer Hink.
Paul: Nein, oll Johnny, seggt ’e
Lat dat Leeg’n1), seggt ’e
Kannst dat „Siegen“, seggt ’e
Siecht verdreegen, seggt ’e
„Keile“ geef dat, seggt ’e
Ganz gewiss, seggt ’e
Kennst den Platz, seggt ’e
Ladysmith?
.1 ohn: .Die Maulesel, sagt er
Die sein Schuld, sagt er
Habt a bissei, sagt er
Nur Geduld, sagt er
Kommt der Buller, sagt er
Mal erst ’raus, sagt er
0 Transvaal, sagt er
Dann ist’s aus.
Paul: Wi sünd hier, seggt ’e
Un in Wehr, seggt ’e
Kummt he rut, seggt ’e
Kriegt he Smeer2), seggt ’e
De „Vierkleur“3), seggt ’e
Von Transvaal, seggt ’e
Halt4) wie Buren, seggt ’e
Nich mer dal!5)
') Lügen. 2) Schmiere. 3) Vier-
farbige Flagge. 4) Holen. 5) Her-
unter.

Der englische Tyrtäus.
Die englischen Zeitungen veröffentlichen
gegenwärtig Kriegslieder aus der Feder des
berühmten Dichters Rudyard Kipling.
Der erste Schlachtgesang beginnt mit den
Worten:
,,When you’ve shouted ,Rule Britannia' — when you’ve sung
,God save the Queen' —
When you’ve finished killing Krüger with your mouth —
Will you kindly drop a Shilling in my little tambourine. .."
und lautet in deutscher Uebersetzung nach
dem „B. T.“:
„Wenn Ihr sänget ,Rule Britannia', wenn Ihr schriet
,God save the Queen',
Wenn Ihr Krüger endlich todtschlugt mit dem Mund —
Dann werft mir ’nen Schilling aufs Tambourin!
Bin ein alter Soldat, bin arm wie ein Hund,
Bin ein Bettler auf Halbsold, bin krank und schwach,
Doch für Ohm Paul taug’ ich lange genug:
Ich kenne den Dienst — was frag’ ich danach,
Was ich einst zu Haus im Herzen trug?
Grafensohn Sklavensohn — alles ist eins!
(Fünfzigtausend zu Fuss und zu Pferd zogen aus!)
Jeder hat sein Geschäft (doch das kümmerte keins!)
— Marsch! Marsch! — Und nun rückt ’nen Schilling
heraus - !“
Der zündende Erfolg dieses ersten Poems
hat den grossen Kipling zu weiteren dichte-

rischen Thaten begeistert. Hier einige Proben
in unserer eigenen Uebersetzung, die weniger
auf metrische Genauigkeit als auf präcise
Erfassung der wahrhaft sublimen Gedanken
Anspruch macht:
•fi
Habt Dank, Ihr warft den Schilling mir auf
das Tambourin,
Ich armer Bettler auf Halbsold, mit Gier er-
greif’ ich ihn,
Werft doch noch mehr, Ihr Leute, wenn sich
die Zahl verlohnt,
Dann trag’ ich sie zum Banker, der in der
City wohnt,
Dort kaufe ich mir Chartered und kaufe
Randfontein,
Denn siegen wir, so steigen die Minen un-
gemein;
Euch aber, Englands Kriegern, sei dieser
Wunsch geweiht:
Jetzt siegt mir mal, Hallunken, es ist die
höchste Zeit!

WennlhrKrüger mit offenemMaulverschlingt,
Wenn der Mops mit der Wurst über’n Spuck-
napf springt,

Wenn die Maulesel durchgehn beim ersten
Schuss,
Gelange ich, Kipling, zu folgendem Schluss:
Mit unsern Milizen geht es nicht mehr,
Wir brauchen entschieden ein stehendes Heer,
Ein Heer, welches steht, hätt’ich gerne gesehn,
Und namentlich englische Esel, die steh’n.
*
Ob Grafensohn, ob Sklavensohn, ob Tory
oder Whig,
Beordert man ihn nach Transvaal, bricht er
sich das Genick;
Es regnet Wichse rechts und links, es hilft
uns alles nix,
Es kriegen selbst die Tories dort die aller-
schönste Whigs;
Ob Grafensohn, ob Sklavensohn, — wird er
von White geführt,
So kommt er in Gefangenschaft, das ist ihm
garantirt.
Dann schicken wir Ergänzung nach nach
Durban und CapeTown
Und singen „Rule Britannia“ und werden
weiter verhau’n!

No. 47.

LUSTIGE BLÄTTER.

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