Ist gerade nicht Massliebchenzeit —
Das bri gt sie nicht in Verlegenheit:
Sie zahlt, <was just in ihrem Bereich —
Was, ist ihr gleich:-
An Gamaschen die Knöpfe,
Am Gesimse die Töpfe,
Die Sprossen am Bauer, die Speichen am Rad,
Die Zinken der Mauer, die Blätter Salat,
Die Fäden an Spitzen,
Am Aermel die Litzen,
Am Schlafrock die Fransen,
Die Werke "von Nansen,
Und alle Bände -vom Lexikon;
Sie zählt die Pilaster an ihrem Balkon,
Sie zupft an den Haaren <von ihrem Bello,
Sie zählt am Klarier, an der Flöte, am Cello
Die Saiten, die Klappen, die Tasten, —
Am Di<van zählt sie die Quasten,
Sie zählt die Stufen der Treppe beflissen.
Sie zählt die Zähne an Tantes Gebissen,
Beim Essen die Knödel,
Die Federn am Wedel,
Die Borsten am Besen,
Die Erbsen beim Lesen,
Sie zupft an ihres Bruders Bärtchen,
Sie zählt die Flecken am Schaukelpferdchen.
Die Arabesken an jeder Tapete,
Die Mandeln, Rosinen in jeder Pastete,
Am Vorhang die Ringe,
Cousins Schmetterlinge,
Papas Cigaretten,
Die Obstetiquetten . . . .
Kurz, — alles, <was ihr begegnet im Haus,
Das zählt sie unbarmherz:g aus.
Das fragt sie alles, neugierig-erpicht:
„Liebt er mich? — oder liebt er mich
nicht?“
Hoch soll er leben !
Serenissimus besucht ein in seinen Gemarkungen
liegendes Städtchen, und die Bewohner beeilen sich, dem
hohen Herrn alle erdenklichen Ovationen darzubringen.
Man errichtet Fahnenstangen, man flaggt, man improvisirt
Transparente, man stellt Büsten mit Lorbeergewinden aus.
Der in der Ortschaft wohnhafte Inhaber einer
koscheren Fleischwaaren-Handlung hat den Willkommen-
gruss auf der Gardine seines Schaufensters anbringen
lassen. Die Gardine ist nur etwas zu kurz und schliesst
die Auslage nach unten nicht vollständig, so dass
Serenissimus im Vorüberfahren den Gruss zu lesen
bekommt:
Hoch lebe
unser gnädigster Landesherr
unter Aufsicht des hiesigen
Rabbinats.
Die englischen Führer.
Sie haben viel Laster auf ihrem Gewissen,
Sie sind verschmitzt und sie sind gerissen,
Sie üben Gewalt und sie brechen Verträge,
Zerstören mit Trotz des Friedens Gehege;
Nur eine schlimme Kategorie
Trifft man in dieser Gesellschaft nie,
Und was man auch von den Britten spricht —
Nein — Burenfänger -das sind sie nicht!
Modern.
Herr (bei einem Eisenbahnzusammenstosse): Warum leistet
man denn den Verunglückten nicht sofort die nöthige
Hülfe?
Arbeiter: Wir warten nur auf den Photographen;
Nicht Verlegen.
Gast (bestellend): Bitte um eine Flasche
Tokayer!
Kellner: Tokayer haben wir nicht, aber
Rühreier!
Der singende Radfahrer.
Opern-Regisseur: Womit kann ich
dienen?
Bourillon: Sie werden von mir gehört
haben, ich bin Bourillon, der Meisterfahrer,
der sein Organ entdeckt hat und sich gänzlich
der Opernbühne widmen will. Mit mir wäre
ein Geschäft zu machen.
Regisseur: Sie wollen also bei uns
gastiren?
Bourillon: Jawohl, am liebsten in einer
24Stunden-Oper;ich traue mir jedes Tempo zu.
Regisseur: So lange Opern geben wir
nicht, abgesehen davon, dass sie erst kom-
ponirt werden müssten.
Bourillon: Macht nichts, ich singe
Ihnen, wenn Sie wollen, auch über eine
kürzere Distanz. Wie wäre es mit dem
Fliegenden Holländer? der liegt mir gewiss
gut, da ich von Beruf eigentlich Flieger bin.
Regisseur: Junger Mann, ich g'aube,
Sie müssten erst noch gehörige Studien
machen, ehe Sie sich an derartige Rollen
wagen. Unser Publikum ist gewöhnt, darin
die berühm esten Kräfte zu hören.
Bourillon: Lassen Sie mich nur auf-
treten. Wenn ich erst loslege, überflügle ich
ihre ersten Sänger, und wenn sie tausend
Takte voraus hätten! m.
Von seinem Standpunkt.
Besucher: Schade, dass der Junge
die krummen Beine hat!
Tischlermeister: Sie sind sonst aber
ganz modern und stilgerecht!
Im Zoologischen Qarten.
Erster Sänger: Aber Kollege, warum
ziehst Du denn vor dem Kameel den Hut?
Zweiter Sänger: Es könnte noch ein-
mal ein Kritiker werden!
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LUSTIGE BLÄTTER.
No. 47