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Häusliche Censur.
„Du bestehst also darauf, den Sündenfall malen zu wollen?“
„„Ja gewiss!““
„Nun, ich muss gestehen, dass ich diese Idee für einen jungen Ehemann
durchaus unpassend finde!“

I>ie Liebesprobe.
Der Vicomte de Mourillac hatte eine sehr schöne Frau, die
viele Vorzüge besass. Darunter auch den, vierzig Jahre jünger
als ihr Gatte, der 62jährige Vicomte de Mourillac, zu sein.
Der Vicomte de Mourillac vertraute seiner Frau in allen
Dingen. Küche, Keller, Wohnhaus und Stall unterstanden ihr.
Nur in Einem vertraute der Vicomte der schönen Frau nicht.
Und dieser Punkt war die eheliche Treue.
Es gab da einen Dr. Trouillot, der viel auf dem kleinen
Landsitz des Vicomte zu thun hatte. Denn die Vicomtesse
war häufig leidend, obschon sie aussah wie das Leben, ja
sogar an Tagen, wo sie dringend des Doktors bedurfte,
besonders frische Farben hatte.
Der Vicomte de Mourillac beschloss, die Beiden zu prüfen.
Er lud den Doktor zu einem Souperchen ein, das vorzüglich
war, wie alles, was der gute Doktor im Hause des Vicomte
genoss.
Als gerade der Käse — ein geradezu unverschämt geruch-
reicher Käse — aufgetragen wurde, liess sich der schlaue
Vicomte von einem Diener ein vorbereitetes Briefchen bringen,
in dem er sofort zu einer dringenden Besprechung mit seinem
Advokaten gebeten wurde, der ihm einen wichtigen Grenz-
prozess führte.
„Lassen Sie anspannen, Jean,“ sagte der Vicomte wichtig
und dann zu seinem Gaste gewandt: „Entschuldigen Sie mich,
lieber Doktor, gleich nach dem Käse muss ich auf zwei
Stündchen fort.“ Und mit diesen heimtückischen Worten über-
reichte er ihm den geradezu unverschämt geruch-
reichen Käse, — —-— — — — —
Eine Stunde später fuhr der Vicomte de Mourillac
wirklich bei seinem höchlichst überraschten Advokaten vor
und sagte: „Mein lieber Freund! Ich bitte gegen meine
Frau die Scheidungsklage einzureichen. Grund: Untreue/
„Aber womit wollen Sie die beweisen?“
Da lächelte der Vicomte de Mourillac schlau und
entgegnete:
„Sehr einfach, mein Lieber. Der Doktor Trouillot war
heute mein Tischgast. Er ist ein leidenschaftlicher Käse-
freund. Als er aber von mir erfuhr, dass er gleich nach
dem Souper auf zwei Stunden mit meiner Frau allein
sein würde, verschmähte er dankend meinen exquisiten
Kuhkäse. Es war allerdings ein unverschämt geruchreicher
Käse und ich hätte ihn in meiner Jugend auch nicht gegessen,
wenn ich unmittelbar nachher die schöne Frau meines
Freundes hätte küssen wollen . . . .“ m sp

Englische Disziplin.
[Zur Charakterisirung der Kolonial-
korps wird aus London gemeldet, dass
die N e u s ü d w al e s-L an c e r s vom
Kriegsschauplatz nach Melbourne
zurückgekehrt sind, da der Feld-
zug nichtihrem Geschmack entsprach.]
Der Soldat schwört den Eid,
Dass zu sterben er bereit,
Wenn man ihn zum Kampfe führt,
Wenn ihm dieses konvenirt.
Auf Befehl greift er an
Als ein kriegsgeübter Mann,
Der Courage in der Brust hat,
Notabene, wenn er Lust hat.
Auf dem Marsch mit Elan,
Ebenso im Kantonnement
Trägt er der Strapazen Last,
Falls ihm die Geschichte passt.
Ruft man ihn zum Appell,
Tritt er an, und wie schnell,
Stets gehorcht er unentwegt,
Wenn er gleiche Meinung hegt.
Der Soldat fährt nach Haus,
Wenn der ganze Feldzug aus,
Wenn man heim ihm kommandirt,
Oder wenn er Heimweh spürt.


6

LUSTIGE BLÄTTER.

No. 50.
 
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