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Der Robinson für das deutsche Volk
bearbeitet.
Es waren einmal drei deutsche Männer:
Schmidt, Schultze und Neumann, die segelten
zusammen nach Indien auf dem Dampfer „Fürst
Melchior der Unerreichte“. An einem Korallriff
des Atlantischen Ozeans passirte es ihnen, weil
sie schwach in der Geographie waren, dass sie
Schiffbruch erlitten. Da sie aber alle drei beim
Militär schwimmen gelernt hatten und diesem
Unterricht ohne zu ertrinken entronnen waren,
und da sie ausserdem das unschätzbare Buch
„Hilf Dir selbst! rasche Rettung aus allen
Unglücksfällen“ bei sich hatten, so retteten
sich Schmidt, Schultze und Neumann auf ein
Korallenriff.
Sobald sie sich auf dem mässig grossen
Riff orientirt und sich vergewissert Latten, dass
sie die einzigen menschlichen Bewohner der
Insel waren, konstituirten sie sich zu einem
Gesangverein, den sie mit feiner Anspielung
auf ihre Rettung „Arion“ nannten. Schultze,
der allein nicht heiser war, wurde erster Präsident,
Schmidt wurde Vicepräsident und Neumann
Schriftführer mit dem Recht, die General-Ver-
sammlung einzuberufen.
Nachdem sie das deutsche Lied von Kalli-
woda gesungen hatten, machten sich die drei
auf die Suche nach Esswaaren. Schultze fand
drei Lummeneier, und Neumann vier von Schild-
kröten angefressene Austern. Da gründeten
die beiden einen Konsum-Verein, und nachdem
Schmidt, der nichts Essbares gefunden hatte,
in Ermangelung baaren Geldes seine sämmtlichen
Hosenknöpfe in die Strandkasse gezahlt hatte,
nahmen die beiden Anderen ihn als ausser-
ordentliches Mitglied mit halbem Stimmrecht
auf; dann hielten sie eine Mahlzeit ab. Nachdem
Schultze das Kaiserhoch ausgebracht hatte, assen
sie die vier von Schildkröten angefressene Austern.
Dann begrüsste Neumann in seinem und des
Präsidenten Schultze Namen den anwesenden
Schmidt, und Schmidt erhob sich sofort zu einem
Dank an den Verein. Dann assen sie die drei
Lummeneier, und Schultze sprach in einigen
improvisirten Versen auf die leider abwesenden

Arm in Arm mit Dir, so ford’re ich mein
Jahrtausend in die Schranken.


Vas ist der beste T^edakteur,
Venn nicht der )\bonnente war?!
j)es besten plattes schönster
puhm
fällt auf das fAbonnententhum.
j)rumm ist’s nicht schnöder Geld-
gewinn,
Vie bei der Chokoladen-Queen,
Vas uns daran so interessirt,
pass Jhr auch ferner abonnirt;
Ö nein, wenn etwas, ist’s der
Vunsch,
(Gemischt mit etwas jNeujahrs-
punsch)
pass nicht mit des Jahrhunderts
Vende
pie fAbonnententreue ende.
Qnd wenn Jhr doch schon abonnirt,
par.n, bitte, feste, nicht genirt!
pie Veit geht vorwärts, en avant:
fAuf, zum Jahrhundert-
jAbonn'ment!

Mit der nächsten Nummer endet der XIV. Jalir»
gang der „Lustigen Blätter“. Wir bitten um recht»
zeitige Erneuerung des Abonnements zum Preise von
M. 2.— pro Quartal bei der bisherigen Bezugsquelle
(Buchhandlung, Postanstalt oder Zeitungsspediteur). —
Probennmniern eratls und franko. "WE


Zauber.
Nun hat sie die alte Macht erprobt.
Kam her ■wie in alten Tagen,
Als hätten nie die Stürme getobt.
Die sie und mich, Gott sei es gelobt.
So weit aus einander verschlagen.
Sie sagte nichts, sie sah mich an
Wie einst mit den Nixenaugen,
Nun lieg' ich wieder im alten Bann,
Und weiss es doch, ich thörichter Mann,
Dass wir nicht zusammen taugen.
Sie hat es ja damals selber gesagt,
Sie hat nur ihr Spiel getrieben.
Und wenn sie es heute zum zweiten-
mal wagt.
Ich kann nicht anders, Gott sei es ge-
klagt.
Ich müsste sie wieder lieben! k. t.

Damen. Nachher machten sie sich auf zur
Erforschung der Insel.
Unterwegs fiel es Schultze ein, dass sie ver-
muthlich das schöne Weihnachtsfest auf dieser
Insel zu verleben gezwungen wären, und er
schlug vor, eine Weihnachtskasse zu gründen.
Neumann wünschte bei dieser Gründung jeden
konfessionellen Standpunkt auszuschliessen;
Schmidt hingegen beantragt ausdrückliche Be-
tonung des reformirten Bekenntnisses. Da sich
nun Schultze, dem die Lummeneier (die nicht
ganz frisch gewesen) Beschwerden verursachten,
der Abstimmung enthielt, so war eine Einigkeit
nicht zu erzielen. Neumann erklärte, verstimmt
wie er war, seinen Austritt aus der Weihnachts-
kasse, und Schmidt legte ärgerlich sein Amt als
Vicepräsident des Gesangvereins „Arion“ nieder,
da er sich nicht in der Lage sah, in diesem
Verein mit Neumann gemeinsam Erspriessliches
zu schaffen.
Darüber aufgebracht, zugleich noch leidend
unter den üblen Folgen des genossenen Diners
erklärte Schultze seinen sofortigen Austritt aus
dem Konsumverein. Neumann und Schmidt
traten alsbald zur Berathung zusammen, ob
dem p. p. Schultze dieser Austritt „gestattet“
werden könne, oder vielmehr schlicht „ertheilt“
werden müsse.
Beide sprachen sich für die schlichte „Er-
theilung“ des Austrittes aus. Da aber Schultze
solchen Schimpf nicht lebend ertragen zu können
glaubte, so stürzte er sich ins Meer.
Zu spät sahen die beiden Ueberlebenden ein,
dass ihnen nunmehr jede Vereinsgründung
unmöglich gemacht sei, da entweder der Präsident
oder der Vicepräsident oder der Schriftführer
fehlte. Da brachten sie mit einem Kästchen
schwedischer Zündhölzer, das Neumann als
passionirter Nichtraucher gerettet hatte, den
Manen des dahingegangenen Schultze einen
Fackelzug, ernannten sich gegenseitig zu ihren
Erben und Testamentsvollstreckern, tranken
Brüderschaft mit Seewasser und stürzten sich
ebenfalls ins Meer ... m s.>.


Diagnose.
„Ich weiss nicht, Herr Doktor, was ich hier
in der Magengegend habe, ich empfinde da fort-
gesetzt so ein Drücken, und mir ist so, als wenn
da irgend was bald steigt, bald fällt.“
„„Sie werden doch nicht etwa einen Thermo-
meter verschluckt haben?““

6

LUSTIGE BLÄTTER.

No. 51.
 
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