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I^oahs Flottenplan.

(Ein Traum Eugen Richters.)

W. A. Wellner.

ersaufen sollen. Und da kann die Ent
Scheidung nicht zweifelhaft sein. Navigare
necesse est! Ich verlange als erste Rate die
Mittel zum Bau einer holzgepanzerten Arche
von dreihundert Ellen Länge.

Richter: Dreihundert Ellen! Excelienz
Noah, ich konstatire vor dem ganzen Lande,
dass bei einer so exorbitanten Forderung
unser Finanzwesen zu Grunde gehen muss.
Dreihundert Ellen! Das geht ja noch über
die Septennatsvorlage! Abgesehen davon,
dass unsere Werften garnicht in der Lage
sind, Bauten von solchem Umfange auszu-
führen.

Noah: Der Abg. Richter möge sich be-
ruhigen! Ich habe in Voraussicht der
kommenden Dinge die Arche bereits bauen
lassen, sie steht fix und fertig draussen. Es
ist auch gar keine Zeit zu verlieren, denn
das Wasser kommt bereits. Ich bitte die-
jenigen Herren, die meine Vorlage unter-
stützt haben, einzusteigen; die Herren
Kommissare Sem, Harn und Japhet haben
den Vortritt.

(Die Genannten betreten unter dem Rufe:
„Apres nous le deluge!" die Arche. Die
Sintfluth bricht herein. Richter versucht
vergebens, sich mit der Freisinnigen Zeitung
gegen die andringenden Wogen zu schützen.
Gesang der Geister über den Wassern:
Heil den Männern, die bewilligt,
Wer verweigert, wird vertilligt!
Da ihm das Wasser schon an der Kehle
steht, erwacht er, patschenass in Schweiss
gebadet.)-------------

Richter: Donnerwetter, das war ein
unangenehmer Traum! Wie spät ist es denn?
schon halb zehn! da muss ich aber schnell
in den Reichstag, um die Flotte abzulehnen!

Richter: Nanu, das sieht ja heute so
merkwürdig hier aus. Ich bin doch im Reichs-
tag und da drüben ist der Tisch der
Regierungsmenschen. Aber der da sitzt,
Xv5^^i?it % 11 sieht ja gar nicht so aus wie Tirpitz. Können
t v i// io W S'e mir nicht sagen, Herr Kollege, wer

das ist?

\^£At^y£^y>g^^S ^\ Ein Kollege: Das ist der alte Noah.

Passen Sie nur auf, er wird seine Vorlage
sogleich begründen.

Der alte Noah: Meine Herren! Was
uns im Moment wirklich Noth thut, ist eine
starke Flotte. Aus sicherster Quelle weiss
ich, dass eine grosse Sintfluth über uns
hereinbrechen wird und dass unser aller
Zukunft auf dem Wasser liegt.

Richter: Ich bin dagegen, wie immer!
Wir brauchen keine Flotte! Ich warne Sie
vor der Weltmachtspolitik, diese uferlosen
Pläne schädigen den Nationalwohlstand.

Noah : Hier handelt es sich darum, zu
entscheiden, ob wir oben schwimmen oder
 
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