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Eine hygienische

Forderung.

Zeitungsnachricht: „Ein
Spuckverbot in den Pa-
riser Strassen. Der Pariser
„ProgresMedical" verzeichnet
mitgr osser G enugthuung
den Fortsehritt, den das
öffentliche Unheil im Hin-
blick auf hygienische For-
derungen in PariB gemacht
hat. Im Mai v. J. über-
wies der Pariser Gemeinde-
rath einen Antrag von
Fortin, demzufolge das
Ausspucken auf die Trottoirs
verboten werden sollte, einer
Kommission zur Berathung.
Man hofft, dass der Antrag
demnächst durchgeht."

Ich muss sagen: als ich
obige Zeitungsnachricht in
meinem sehr vorsichtigen und
durchaus seriösenLeibblättchen
las, war ich höchlichst er-
staunt. Zunächst fand ich den
Antrag gut und der Unter-
stützung aller Vornehm-
denkenden werth. Aber dann...
Mein Gott, es giebt doch
Leute, die zuweilen mal
spucken müssen, deren Or-
ganismus eine derartige Er-
leichterung von Zeit zu Zeit
dringend und gebieterisch ver-
langt. Ich stelle mir z. B. vor,
diese Neuerung sei in Berlin
eingeführt. Ein Stadtreisender,
der am Luisenplatz wohnt,
ist von seinen Geschäften an
den Kurfürstendamm geführt
worden und plötzlich — muss
er spucken. Was soll der
Aermste machen?! Nach
Hause laufen —? das ist zu
weit. Auf das Trottoir
spucken —? das kostet 10 Mark
Strafe. Und ausserdem: es ist
unsittlich. Also?

Die Franzosen, die zuerst
diesehygienische Forderung ge-
stellt, mussten doch Rath
wissen. Ich besuchte also
meinen lieben Freund Mon-
sieur le professeur Duval,
der eben in Berlin Einkäufe
macht für die Pariser Welt-
ausstellung; besuchte ihn
eigens, um ihn zu fragen, wo-
hin er in Zukunft spucken Immer klassisch.

werde in Paris. Direktor: Für das Gretchen im „Faust" sind Sie mir doch nicht mehr jung genug, aber wenn

Milder ihm eigenen Liebens- Sje ejne der Hexen jm Macbeth« übernehmen wollen . . .?
Würdigkeit horte der an- . , ;,{,»•—"

genehme Pariser meine Zweifel

und Fragen an. Dann wischte , ,v

er mit einem feinen Batisttüchlein ein Wege. Hören Sie. nur, wie er ruft: Unter Lebemännern.

schalkhaftes Lächeln von seinem Mund „Conspuez Zola!" . . . „Conspuez „Kennen Sie diese entzückende Er-

und belehrte mich also: Loubet" . . . „Conspuez Waldeck- scheinung dort in der Seitenloge?" ,

„Ja, mein Freund, dass Sie Berliner Rousseau". Oh, es ist wahr, wir spucken „„Natürlich, das ist ja die Mayer; soll ich

solcher neuen Massregel hülflos gegen- nicht jeden Tag in derselben Richtung. Sie in der Pause bekannt machen?""
überstehn würden, das glaub' ich wohl. Aber das ist doch schliesslich gleichgültig; „Ich brenne darauf! Fräulein oder Frau?"

Aber, sehen Sie, in Paris, da ist das etwas die Hauptsache ist, dass wenn das grosse „„Frau.""
anderes. Wir wissen jeden Tag, wohin Publikum sich erst daran gewöhnt hat, zu „So; Mann alt oder jung?"

mit unserm Ueberfluss. Treten Sie bei uns thun, wie die Patrioten dringend wünschen, „„Jung.""

hinaus auf die Strasse, der erste beste keine Gefahr mehr ist, dass die Trottoirs „Fatal. Sagen Sie: ist sie leider

Camelot zeigt Ihnen kostenlos die nöthigen nass werden . . ." m. sP. glücklich verheirathet?"

No. 5.

LUSTIGE BLÄTTER.

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