Hastiger BeSUCh. Dame europa: Heb, wie ich mich freue, Heber Ohm! Sie reisen doch bald wieder ab?
Lose
1.
Beim Bankier Stellamonte. Hochherrschaftlich
eingerichtete Wohnung. Es klingelt. Ein höherer
Kriminalbeamter erscheint.
Der Kriminalbeamte: Schliessen Sie
die Thüren, Herr Stellamonte, und sorgen
Sie dafür, dass wir nicht belauscht werden.
Ich habe mich hier einer höchst peinlichen
Aufgabe zu unterziehen: es handelt sich um
eine Haussuchung.
Der Ban ki er (tödtlich erschrocken): Haus-
suchung? ja was liegt denn gegen mich vor?
Der Kriminalbeamte: Eine Denun-
ciation, die für mich persönlich allen An-
spruch auf Glaubwürdigkeit besitzt. Sie
sollen sich schwer gegen • die Moral ver-
sündigt haben, Paragraph des Strafgesetz-
buches — na Sie wissen schon! Aus Ihren
Briefschaften eteetera werden sich die ge-
nügenden Beweise ergeben. Also öffnen Sie
mal die Schublade, alter Verbrecher!
Der Bankier: Hier sind die Schlüssel,
untersuchen Sie selbst.
Der Kriminalbeamte (öffnetein Schiebe
fach undgreifthinein): Was ist das für ein Papier?
Der Bankier: Eine ganz harmlose
Bescheinigung — eine Darlehnsbestätigung.
Der Kriminalbeamte: Aha, Sie ver-
leihen also Gelder?
Der Bankier: Hin und wieder; das
kann Sie aber doch nicht interessiren.
Der Kriminalbeamte: Bleiben wir
bei der Sache! Ich konstatire hiermit, dass
Sie Geld verleihen; gegen Zinsen?
Der Bankier: Natürlich, zu 4 bis 6
Prozent.
Der Kriminalbeamte: Das glaube
ich nicht. Leute Ihres Schlages nehmen
Der moderne PitavaL
Bilder von der — Neapolitanischen Justiz anno
12 Prozent und mehr. Uebrigens lässt sich
das ja feststellen: zu wieviel Prozent würden
Sie mir wohl 20 000 Mark leihen, auf Sicher-
heit?
Der Bankier: Was für Sicherheit?
Der Kriminalbeamte: Ich besitze ein
Haus in Sizilien, hochfein, wenig belastet.
Der Bankier: Also Hypothek. Ich
werde die Sache untersuchen, und wenn
alles stimmt, sollen Sie die Summe schon
zu 31/» Prozent haben, weil Sie's sind.
Der Kriminalbeamte: Sie sind ein
charmanter Herr.
Der Bankier: Freut mich, das aus
Ihrem Munde zu hören.
Der Kriminalbeamte: Sie machen
einen so honorigen Eindruck! Wissen Sie,
es thut mir beinahe leid, dass ich Sie nachher
verhaften muss. Aber es hilft nichts. Ich
glaube, Sie werden fürchterlich verknaxt
werden. Meine Erkenntlichkeit folgt Ihnen
jedenfalls ins Gefängniss, und wenn Sie
wieder herauskommen, laden Sie mich öfters
ein, nicht wahr? Ich finde es reizend in
Ihrem Heim, und es soll mir ein Vergnügen
sein, bei Ihnen zu verkehren.
(Die Haussuchung wird fortgesetzt)
II.
Eine Episode vor Gericht.
Die elfjährige Ninetta wird vorgerufen.
Der Vorsitzende: Kleine Ninetta, Du
musst Dich hier eines Maximums von
Objektivität befleissigen und Deine Aussagen
sine ira et studio deponiren.
Ninetta: Versteh' ich nicht.
Der Vorsitzende: Du sollst uns sagen,
ob Du den Angeklagten dort kennst.
1901.
Ninetta: Nein.
Der Vorsitzende; Früher hast Du
aber dieselbe Frage bejaht.
Ninetta: Ja, da hat mir auch der
Kriminalbeamte B. gesagt, ich soll Ja sagen.
Der Vorsitzende: Kriminalbeamter B.,
äussern Sie sich: haben Sie die Ninetta
beeinflusst?
Kriminalbeamter B.: Im Gegentheil,
ich sollte selbst beeinflusst werden und
zwar vom Kriminalbeamten C. Dieser hat
mir fünf Villen am Comer-See und zwölf
Millionen in baar versprochen, wenn ich den
Angeklagten in Frieden lasse.
Kriminalbeamter C: Hier liegt eine
Verwechselung vor. Ich erzählte dem
Kollegen bloss, dass mir der Kriminal-
beamte D. den Juliusthurm, eine Lust-Yacht,
zwei Bergwerke und den spanischen Kron-
schatz in Aussicht stellte, falls es mir gelänge,
den Angeklagten frei zu bekommen.
Kriminalbeamter D.: Das ist von
Anfang bis Ende erlogen. Ich habe mich
überhaupt bloss mit dem Kriminalbeamten E.
über die Sache unterhalten, und der sagte
zu mir: Lieber Kollege, sehen Sie zu, dass
Sie etwas für den Angeklagten thun können.
Sie sollen dafür auch eine halbe Million
Taels, die Insel Yap, das Asbesthaus, die
Hand der Prinzessin Eusebia und die Schlüssel
zu den Goldkellern derReichsbank bekommen.
Der Vorsitzende: Was haben Sie
dazu zu bemerken, Angeklagter?
Der Angeklagte: Nur das eine, dass
ich bald freikommen möchte, da ich andern-
falls mich genöthigt sehe, — die Hypothek
zu kündigen. u.
NO 47
LUSTIGE BLÄTTER.
6
Lose
1.
Beim Bankier Stellamonte. Hochherrschaftlich
eingerichtete Wohnung. Es klingelt. Ein höherer
Kriminalbeamter erscheint.
Der Kriminalbeamte: Schliessen Sie
die Thüren, Herr Stellamonte, und sorgen
Sie dafür, dass wir nicht belauscht werden.
Ich habe mich hier einer höchst peinlichen
Aufgabe zu unterziehen: es handelt sich um
eine Haussuchung.
Der Ban ki er (tödtlich erschrocken): Haus-
suchung? ja was liegt denn gegen mich vor?
Der Kriminalbeamte: Eine Denun-
ciation, die für mich persönlich allen An-
spruch auf Glaubwürdigkeit besitzt. Sie
sollen sich schwer gegen • die Moral ver-
sündigt haben, Paragraph des Strafgesetz-
buches — na Sie wissen schon! Aus Ihren
Briefschaften eteetera werden sich die ge-
nügenden Beweise ergeben. Also öffnen Sie
mal die Schublade, alter Verbrecher!
Der Bankier: Hier sind die Schlüssel,
untersuchen Sie selbst.
Der Kriminalbeamte (öffnetein Schiebe
fach undgreifthinein): Was ist das für ein Papier?
Der Bankier: Eine ganz harmlose
Bescheinigung — eine Darlehnsbestätigung.
Der Kriminalbeamte: Aha, Sie ver-
leihen also Gelder?
Der Bankier: Hin und wieder; das
kann Sie aber doch nicht interessiren.
Der Kriminalbeamte: Bleiben wir
bei der Sache! Ich konstatire hiermit, dass
Sie Geld verleihen; gegen Zinsen?
Der Bankier: Natürlich, zu 4 bis 6
Prozent.
Der Kriminalbeamte: Das glaube
ich nicht. Leute Ihres Schlages nehmen
Der moderne PitavaL
Bilder von der — Neapolitanischen Justiz anno
12 Prozent und mehr. Uebrigens lässt sich
das ja feststellen: zu wieviel Prozent würden
Sie mir wohl 20 000 Mark leihen, auf Sicher-
heit?
Der Bankier: Was für Sicherheit?
Der Kriminalbeamte: Ich besitze ein
Haus in Sizilien, hochfein, wenig belastet.
Der Bankier: Also Hypothek. Ich
werde die Sache untersuchen, und wenn
alles stimmt, sollen Sie die Summe schon
zu 31/» Prozent haben, weil Sie's sind.
Der Kriminalbeamte: Sie sind ein
charmanter Herr.
Der Bankier: Freut mich, das aus
Ihrem Munde zu hören.
Der Kriminalbeamte: Sie machen
einen so honorigen Eindruck! Wissen Sie,
es thut mir beinahe leid, dass ich Sie nachher
verhaften muss. Aber es hilft nichts. Ich
glaube, Sie werden fürchterlich verknaxt
werden. Meine Erkenntlichkeit folgt Ihnen
jedenfalls ins Gefängniss, und wenn Sie
wieder herauskommen, laden Sie mich öfters
ein, nicht wahr? Ich finde es reizend in
Ihrem Heim, und es soll mir ein Vergnügen
sein, bei Ihnen zu verkehren.
(Die Haussuchung wird fortgesetzt)
II.
Eine Episode vor Gericht.
Die elfjährige Ninetta wird vorgerufen.
Der Vorsitzende: Kleine Ninetta, Du
musst Dich hier eines Maximums von
Objektivität befleissigen und Deine Aussagen
sine ira et studio deponiren.
Ninetta: Versteh' ich nicht.
Der Vorsitzende: Du sollst uns sagen,
ob Du den Angeklagten dort kennst.
1901.
Ninetta: Nein.
Der Vorsitzende; Früher hast Du
aber dieselbe Frage bejaht.
Ninetta: Ja, da hat mir auch der
Kriminalbeamte B. gesagt, ich soll Ja sagen.
Der Vorsitzende: Kriminalbeamter B.,
äussern Sie sich: haben Sie die Ninetta
beeinflusst?
Kriminalbeamter B.: Im Gegentheil,
ich sollte selbst beeinflusst werden und
zwar vom Kriminalbeamten C. Dieser hat
mir fünf Villen am Comer-See und zwölf
Millionen in baar versprochen, wenn ich den
Angeklagten in Frieden lasse.
Kriminalbeamter C: Hier liegt eine
Verwechselung vor. Ich erzählte dem
Kollegen bloss, dass mir der Kriminal-
beamte D. den Juliusthurm, eine Lust-Yacht,
zwei Bergwerke und den spanischen Kron-
schatz in Aussicht stellte, falls es mir gelänge,
den Angeklagten frei zu bekommen.
Kriminalbeamter D.: Das ist von
Anfang bis Ende erlogen. Ich habe mich
überhaupt bloss mit dem Kriminalbeamten E.
über die Sache unterhalten, und der sagte
zu mir: Lieber Kollege, sehen Sie zu, dass
Sie etwas für den Angeklagten thun können.
Sie sollen dafür auch eine halbe Million
Taels, die Insel Yap, das Asbesthaus, die
Hand der Prinzessin Eusebia und die Schlüssel
zu den Goldkellern derReichsbank bekommen.
Der Vorsitzende: Was haben Sie
dazu zu bemerken, Angeklagter?
Der Angeklagte: Nur das eine, dass
ich bald freikommen möchte, da ich andern-
falls mich genöthigt sehe, — die Hypothek
zu kündigen. u.
NO 47
LUSTIGE BLÄTTER.
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