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Bühnensterne (nach der Natur gezeichnet).

ir ortsetzung folgt.!

„Die Sterne, die begehrt man
nicht,

Man freut »ich ihrer Pracht "
So hiess es früher im Gedicht.
So hat man einst gedacht.

Heut ist es anders offenbar
Es sind die leuchtenden Ge-
stalten

Nicht nur begehrt, sie Sinti
sogar

In dieser Nummer /est-
gehalten.

Rosa Bertens. Ida Hiedler.

Der Eseltreiber. inbrünstig mit dem Kopfe, bringt auch sonst in lebhafter Weise

.... _ ., . . , seine Zustimmung zum Ausdrucke, besonders mit den Händen eine

Litteraturbild aus der Gegenwart (leider). „ ... , f . . . . ^ . ,

_.. , ., . „ Gebärde machend, wie um anzuzeigen, dass er mit den Oedanken

Allen Norwegern, Schweden, Danen, Belgiern und ihren (un)deutschen Vertretern . ... „.., ,,, . . 0......

gewidmet von Dr. Heftig. seines Leidensgefährten vollkommen einverstanden sei. Schliesslich

- Personen der Handlung- lässt er seinen Kopf auf seine Hände sinken, welche in stummer

.. , _ . ....., . .''.■'■) Resignation krampfhaft den Griff seines Stockes umklammern, den

Pancraz, der blinde Organist, noch rüstig, doch schon das heran- .... ,. ...„ . D... .. . . ,

' , ' ,'. , . - ■_ . , , er vor sich, ein wenig gegen die Mitte der Buhne hin, auf den Boden

nahende Alter verrathend; ruhiger Charakter, im Affect ledoch . , ,

,, j • „ ,t ■ , , gestemmt hat.---

so schnell sprechend, dass er sich ott selbst nicht versteht. (Pause von 20 Minuten.)

Servaz, der taube Messner; sauber, aber nachlässig gekleidet; Pancraz (wie aufwachend aus einem tiefen Traume, in welchem er

löcherige Strümpfe und gewöhnliche, genagelte, hundslederne Visionen von Gehaltsaufbesserung gehabt hat, was er in unzweifelhafter Weise

Stiefel, deren Schäfte aber in den Hosen stecken. auch zum Ausdruck bringen muss): Unglaublich!

Bonifaz, ein Lahmer, der jedoch nicht auftritt; lange Arme, fast Servaz, der Messner, verharrt in seiner Stellung, den Kopf nur

bis zu den Knieen; spinnenfingerige Hände mit breiten Nägeln. noch etwas tiefer in seine Hände vergrabend. Er träumt gleichfalls.

Ursulina, die Frau des Schullehrers, adrette Dreissigerin, zuweilen aber von einem guten Braten, dessen Duft er beim Weggang von

etwas schlapp; kocht im Allgemeinen vorzüglich. der Küche her empfangen. Plötzlich erhebt er sein Haupt und

Die Handlung spielt am 7. September 1900 von 7 Uhr Abends drückt mit verklärtem Gesichte ein unstillbares Sehnen nach dem

bis 10 Uhr Nachts in der Nähe einer kleinen Residenzstadt auf einem seiner harrenden culinarischen Genüsse aus, zum Schlüsse deutlich

Dorfe, in dessen Schulhaus die Schüler der oberen Klassen die die Beweg ingen des In-den-Mund-steckens und des Kauens machend.

bekannten Worte an die Tafel geschrieben hatten*: „Der Herr Lehrer Hierbei entfahren ihm einige unarticulirte Laute.

ist ein Esel ', worauf dieser selbst das noch bekanntere Wort hin- Pancraz (geheimnissvoll zu ihm): Hast Recht---

zugefügt hatte: „--Treiber". Es herrscht darob grosse Aufregung Er erhebt sich mühsam, vom andern unterstützt, immer vor

in der Bevölkerung. sich hermurmelnd: Unglaublich, unglaublich---(Beide langsam ab).

Erster Aufzug ^cene bleibt 25 Minuten leer. — Unterdessen ist anzu-
nehmen, dass die beiden Personen, langsam und keuchend, oft

Ein freier, offener Platz. Links befinden sich drei Bäume, stehen bleibend, die Dorfstrasse entlang gewandelt sind und sich

der mittlere etwas stärker als die beiden andern. Die Kronen der nun vor dem einzigen anständigen Wirthshaus befinden, welches der

Bäume sind hoch über die Bühne hinaus zu denken, ja selbst über Ort besitzt. Der Messner will nicht hineingehen, eingedenk der

das Dach des kaiserlichen, königlichen oder grossherzoglichen Predigt, die seiner sonst zu Hause harrt, Pancraz aber zerrt ihn

Theaters hinaus. In seinen Wipfeln sitzt ein Vöglein und zwitschert schliesslich doch hinein.

unhörbar aber im heiteren E-dur sein Liedchen. (Der Vorhang fällt.)

Es treten auf: Pa n craz, der Organist, undServaz,der Messner. —'-

Letzterer ist zwar taub hört aber trotzdem _ _ _ _ nicht

auf, den blinden Organisten fortwährend im Kreise herumzuführen. Mit der heutigen Doppelnummer schliesst Quartal ,

Nachdem dieses scheinbare Possenspiel etwa 15 Minuten ge- und Jahrgang 1900. Die nächste Rümmer erscheint der J

dauert hat, setzen sie sich jeder auf eine Steinbank (Barockstil, doch Feiertage wegen

etwas durch Renaissance-Formen gemildert) und schweigen weitere

15 Minuten. Hierauf räuspert sich der Organist und sagt mit leb- und vgn ^ ^ {m Xntere99C eincr einbcitUchen 2u.

haftem Mienensp el: . ., „.^ . . „

_ . , «5 Stellung, stets am Mtttwocb, wovon unsre geehrten

Pancraz: Ja,---Ja---- >ä „c _ ' . ' „ 3 ft

Der taube Servaz, der natürlich nur die Lippen seines Ge- Hbonnenten Kenntmss nehmen wollen.

nossen sich bewegen gesehen, ohne diese zwei, gewichtig aus- ötrl*g AtT Cu$tigcn Blätter.

gesprochenen bedeutungsvollen Worte zu hören, nickt versfändlg-

LUSTIGE BLÄTTER

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