Ein Roman um 2010.
Es herrschte im weiten Aethermeer
Gedankenaustausch und reger Verkehr;
Man sah sich, man hört sich, man
tauschte von Haus
Zu Haus die herzlichsten Grüsse aus.
Man iliuminirte das Weltall entlang
Und lauschte gemeinsam dem Sphären-
gesang,
Und lobte Herrn Tesla, sein Wort und sein Licht,
Nur — Zusammenkommen, das konnte man nicht!
Zu jener Zeit auf unserer Erde
Da lebte ein Künstler, nicht weit von Worpswerde,
Dem Frauenschönheit als köstlich Ding
Weit über die Reize der ,.Landschaft' ging.
Und als er die Mädchen des Erdballs erprobt,
Sich häufig verliebt und mehrfach verlobt,
Da wollten die Jungfrau'n mit irdischen Zügen,
Dem feinen Empfinden nicht voll mehr genügen.
Er spähte nach höherem Herzensgenuss
Hinauf nach den Thälern des Sirius.
Doch keine errang des Verwöhnten Lob;
Da richtet zum Mars er sein Teleskop,
Um dort auf den Felsen, wie Kreide so hell,
Zu spähen nach einem würd'gen Modell
Und richtig, da schritt von erloschenem Krater
— Im Observatorium wohnte ihr Vater —
Ein Mädchen zu Thal, so schlank und so blond,
Wie er auf kein's sich besinnen könnt'.
Da stammelt er Schwüre liebestrunken
Hinauf durch elektrische Teslafunken:
,,Du, Marsmaid, sieh, wie mich Sehnsucht beschlich;
,,Der Erde Töchter sind nichts gegen Dich!
,,Du bist, auf meine Ehr' ich nehm's,
,,Die Schönste des ganzen Planetensystems.
,,Und wärst Du dabei wie ein Mondkalb dumm,
,,!ch bin halt ein Künstler und lieb' Dich darum!"
Die Marsmaid hielt im Schreiten ein
Und trank seine Schwüre wie köstlichen Wein.
Dann warf sie mit Fingern weich und spitz
Ein Küsschen hinunter zum Erdensitz.
Und telephonirte vom schimmernden Mars:
,,Du bist ein Künstler? lex mihi ars:
,.Zu deutsch: Die Kunst ist mein Gesetz
,,Und weil ich Dein schwärmerisch Aug' ergetz',
,,Und Du mir so zärtliche Grüsse bestellst,
,,Gesteh' ich: Dass Du auch mir gefällst! . . ."
„Was hilft mir's," seufzte der Maler drauf,
„Elliptisch ist Deines Sternes Lauf,
„Und wenn ihn so nah, wie es irgend darf,
„Herrn Keplers Gesetz zu der Erde warf,
„Dann ist er, ich hab's in der Schule gelernt,
„Noch sieben Millionen Meilen entfernt.
„Und wär' der Weg die schönste Chaussee,
„Und gäbe mir Flügel mein Liebesweh,
„Ich käme ans Ende solcher Reis',
„In tausend Jahren als Tapergreis.
„Dann aber bist Du verrunzelt, verblüht,
„Mit zahnlosem Mund und mit zänk'schem Gemüth,
„Und ich wünscht' nur, wär ich erst wieder mit Glück
„Die sieben Millionen Meilen zurück!"
Das war im Jahre zweitausend
und zehn —
Man konnte längst von der Erde
seh'n,
Auf Sonn' und Mond und auf
jeglichen Stern,
Und schwamm er im Aether noch
so fern.
Man könnt' auch vermittels
Eiektricität
Bequem sich verständigen, früh
und spät.
Man sagt guten Tag sich und
wünscht sich gut' Nacht,
Und hat auf der Sonn' und der
Erde gelacht,
Wenn irgend ein Schelm rief
laut und froh
Ein keckes Witzwort vom Sirio .. .
So sprach der Jüngling und hat sich gewandt
Und nahm einen Stecken in kräftige Hand
Und wandert in Lande, reich besonnt,
Von wo man den Mars nicht sehen könnt',
Dass er bei Spiel und vollem Glas,
Die Schöne dort oben verschmerzt und vergass.
Ach wär' doch jeder auf Erden so klug
Wie dieser, der sein Glück nicht trug
Nach einem reizenden, lockenden Stern,
Der sieben Millionen Meilen fern! w. sp.
Nach der Gesellschaft.
„Mein neues Kleid scheint ja. ganz gut gefallen zu haben. Ich hätte aber trotz-
dem lieber das ausgeschnittene anziehen sollen.
No. 5
LUSTIGE BLÄTTER.
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