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Die englische Norma!=Rede.
Banket.
Mylords und Gentlemen'
Der Krieg in Südafrika hat einen
Geist des Pessimismus heraufbeschworen,
den ich heute einmal gründlich bekämpfen
möchte. Vor allem muss ich der Meinung
entgegen treten, dass dieser Krieg mit ernst-
lichen Gefahren verbunden sei. Waren
die Buren bisher im Stande, uns auch ein
einziges Schiff unserer herrlichen Schlacht-
flotte wegzunehmen? Nein. Wird dieses
prächtige Banket auch nur in einem
einzigen Gange seines schmackhaften
Menus von Botha bedroht? Nein Wo
also stecken die Gefahren? Ich vermag
keine zu erblicken und ich füge hinzn,
dass ich die Wahrscheinlichkeit eines
Guerillakrieges in der City, in Regents-
Street und in Piccadilly für ausserordent-
lich gering halte. (Sehr richtig!)
Nun haben die Pessimisten be-
hauptet, dass dieser Krieg ungebührlich
viel Zeit und Geld kostet. Wie un-
logisch! Sie alle glauben als gute Fng-
länder an die ewige Geltung cies Sprich-
worts: Zeit ist Geld. Wenn nun unsere
Generäle im Süden so viel Zeit haben,
so folgt daraus, dass sie auch enorm viel
Geld besitzen, also mit beiden Artikeln
nicht in Verlegenheit kommen können.
(Fröhliches Lachen an allen Tischen des
Bankets)
Ich möchte auch darauf aufmerksam
machen, dass die moderne Kiiegsführung
von der früherer Jahrhunderte in wesent-
lichen Punkten abweicht. Früher kam
es darauf an, den Feind rasch zu schlagen.
Von dieser Methode sind unsere Heer-
führer von heute, besonders Kitchener und
French, mit Recht abgegangen. Sie ver-
folgen vielmehr das strategische Prinzip,
den Feind durch seine eigenen Siege zu
ermüden. Dazu gehören natürlich sehr
viele Siege der Buren und sehr viele
Niederlagen auf brittischer Seite. Aber
jede solche Niederlage besitzt ihren tak-
tischen Werth und bringt uns dem Ziele
näher. Ich muss anerkennen, dass unsere
genialen Heerführer in dieser Hinsicht
das Menschenmöglichste leisten. (Hoch
die Generäle!)
Was nun die vielbesprochenen Grau-
samkeiten betrifft, so bin ich einfach starr
über die Unverschämtheit der Nationen,
die uns solche zum Votwurf zu machen
d e Frechheit haben. Sind auf englischer
Seite jemals solche Greuel verübt worden,
wie sie die Deutschen im Kriege von
1870/1871 verbrachen? Haben wir in
Transvaal jemals eine so blühende Stadt
wie Paris durch Ce nirung dem Hunger
preisgegeben ? Haben wir jemals an einem
Tage so viel schuldloses Pulver zum
Feuertode verdammt wie die Preussen
bei Gravelotte? Man erinnere sich nur,
dass die Deutschen vor Sedan 80C00 Wehr-
lose um ihre Freiheit und einen gesalbten
Kaiser um sein bischen Krone gebracht
haben; sind solche Scheusslichkeiten in
Transvaal vorgekommen oder auch nur
denkbar? (Niemals, niemals!)
Somit stehen wir, meine Herrschaften,
lauter und ehrenvoll vor aller Welt. Zudem
habe ich soeben von Kitchener ein Tele-
gramm erhalten, worin er mir anzeigt,
dass er gestern drei eingeborene Ochsen
überwältigt hat, ein Erfolg der an Water-
loo erinnert Ei greifen wir also die Po-
kale und singen wir: Rule Britannia!


Langes Programm.
— Mein Fräulein, darf icn Sie zum Souper einladen?
Sie (schnippisch): Sonst nichts?
— Wenn Sie wollen, auch zum Frühstück'

No. 48.

LUSTIGE BLÄTTER

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