Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Das perverse Weib
Der Schlammgeist.
Oie nächste Cragödie von Frank Wedekind.
(Fortsetzung von »Erdgeist«,



Letzter Akt.
Lulu am Frühstückstisch): Da wir doch
nunmehr bereits seit zwei Wochen
verheirathet sind, so frage ich Dich
zum ersten Mal in meinem Leben:
liebst Du mich?
Lulu: So wahr mir die Sünde
heilig ist! Ich liebe Dich. Du
sollst an diesem Bissen ersticken,
wenn's nicht wahr ist. Wenn ich
Dich jemals betrogen habe, so war
es in den ersten acht Tagen unserer
Ehe. Jetzt kommt so etwas nicht
mehr vor.
Dr. Schön: Ich stosse da
immerzu unter dem Tisch an etwas.
Es scheint ein menschlicher Körper
zu sein. Was meinst Du dazu, Lulu?
Lulu: Ach, dass ist bloss ein
Husaren-Rittmeister,der mich manch-
mal besucht. Ich hatte vergessen,
ihn Dir vorzustellen.
Der Husaren-Rittmeister
(kriecht unter dem Tisch hervor): Ent-
schuldigen Sie. Wünsche allerseits
gesegnete Mahlzeit. (Ab durch die
Mittelthür.)
Dr. Schön: Ein sehr höflicher
Mensch, dieser Offizier. Und er
schien an meiner Gegenwart gar
keinen Apstoss zu nehmen. (Er erhebt
sich). Verzeihe, Lulu, ich will mir
einen anderen Rock anziehen., (Er
öffnet Spind 1, ein Herr stürzt heraus
und flicht durch die Mittelthür) Ha, wer
war das?
Lulu: Ein Afrikareisender, der
mit mir seit heute Vormittag be-
freundet ist.
Dr. Schön: Wie kommt der
hierherein?
Lulu: Auf dem Wege vom
Congo nach dem Auswärtigen Amt.
Dr. Schön: Daher die Eilet
Uebrigens hatte ich mich geirrt.
Mein Rock befindet sich, wie ich
glaube, in dem anderen Schrank.
(Er öffnet Spind 2. Ein Herr in braunem
Hast Du das bemerkt? Etwa auch
ein Afrikareisender?!
Lulu: Nein, dies war ein junger
Maler, dem ich gestern Modell ge-
standen habe.
Dr. Schön: Ohne mir etwas
davon zu sagen?


Nach dem Curmer.
Kitter Ket!t!?ttt*&: Kitb tuas fugft 3tt nuit, Knappe pofa?
Der Knappe: Der fierr (ßraf t?aben inte ein ^elb für bas
IWet'fanb aefämpff.
Kitter Kcritburb: ^amobt. Kierßetiu 3fnnben —
nenenben^rdifaf!

Lulu: Er legte keinen Werth
darauf. (Koffer 1 und Koffer 2 werden
von innen aufgoklappt. Zwei Männer in
Trikot steigen heraus.)
Erster Mann in Trikot: Du
hier!
Zweiter Mann in Trikot:
Du hier! (Sie boxen und entfernen sich
kämpfenddurchdieMittolthür.)
Lulu: Das waren zwei Athleten.
Sie haben Dir soeben eine Gratis-
Vorstellung gegeben; so sorge ich
für Dich.
Dr. Schön: Weshalb boxten sie ?
Lulu: Weil sie eifersüchtig auf-
einander sind.
Dr. Schön: Und wo bleibe ich?
Lulu: Ach, Du hast ja mit der
ganzen Geschichte nichts zu thun;
es geschah ja bloss meinetwegen.
Dr. Schön: Es scheint mir
somitanderZeit,auchdie anderen
Spinden und Koffer sowie sämmt-
liche Thüren zu untersuchen. (Er
Studenten, Primaner und Bäckerjungen —
sämintlich ab durch die Mittelthür.) Etwas
reichlich wie mir vorkommt! Und
von allen diesen hast Du mir nichts
vertraut!
Lulu: Sie hatten mir grund-
sätzlich jede Vertraulichkeit mit Dir
verboten.
Dr. Schön: Diese Diskretion
ehrt Dich zwar, aber immerhin
muss ich jetzt noch einmal meine
Frage wiederholen: Liebst Du mich
auch wahr und treu?
Lulu: Die elf Scharfrichter
sollen mich holen, wenn es anders ist.
Dr. Schön: Aber wie ist denn
das nur möglich?
Lulu: Wenn Wedekind's »Erd-
geist« in einer Berliner Aufführung
möglich war, dann ist Alles mög-
lich. Viel anders als dort im
letzten Akt geht es hier augenblick-
lich auch nicht zu.
Dr. Schön: Da ist doch noch.
Einer! Der Souffleur! (DerSouffleur
kriocht aus dem Kasten und entfernt sich
mit dem Ruf »ich bin ertappt!« durch die
Mittchhür.) Also auch der?
Lulu: Du hast es errathen.
Aber wir sind wirklich ganz unter
uns, — komm, lass uns frühstücken.
Dr. Schön: Welche Seligkeit!
Allein mit Dir, mit meiner Gattin,
mit meiner holden, süssen, an-
gebeteten, kleinen Lulu!
(Der Vorhang fäüt.)

(SrHRrmtß.
Sol?n: papa, tiRts ift beim
eigeutlid? ftaffifd?c Nlitßf?
Pater: Das meißt Da nid?t?
Das ift eine illufif, bie Dir auf
alle ^ältc gefallen muß, gattj gteid?,
ob fie Dir tunt gefällt ober !t id?t.
Drtteffe!?ter+
31)r Befen mogte heftig auf
uub ttieber, als fie mit it?rcm
(Satten iit Streit gerieft?.

No. 2.

LUSTIGE BLÄTTER.

3
 
Annotationen