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(T)u3 rntfd)fi&cnt)c )Un5cnou3.)



^Vfonna Theresa.
(Für die französische Bühne umgedichtet von einem
Nationalisten.)
(Zweiter Akt.)
Zeit des Untersucliungsrichters Timide in Paris. Der
Unfersuciningsricittcr sitzt gebeugt über Stösse von
Akten.AtonnaThereseineinenMantcigeliüiit.dcr
ganzmit Dokumenten und compromittirenden Briefen
voiigestopftist, tritt ci)t. Der Untersuchungsrichter
springt entsetzt von seinen Akten auf.
Monna Vanna:
Du hast erreiciit der Festung Uebergabe
Durcli Deiner Schergen kecken Un-
geschmack.
(jefangen ist sammt unsrer ganzen Habe
Mein edles Haus und Bruder d'Aurignac,
Mein Gut versetzt; bis auf die ietzte
Theetass',
Verauktionirt mein herrliches Geschirr.
Scibst die paar tetzten tumpigen Pesetas
Verrichten sich dem Feinde durch Gekiirr.
Von Ohr und Hais die spriih'nden
Diamanten,
Die Biider gar, die Frederic gemait,
Die Siiberiüffeichen von Eva's Tanten
Und aiie Möbel, die ich nie bezahit.
Ahes ist Dein. So musste sich'serfüben,
Ais uns der Neid in Spaniens Elend stiess.
Jetzt bin ich da. ich kam — um zu
enthüiien
Und sage eins nur: Zittere Paris!
(Sie wiii ihren Mante! öffnen und die Dokumente her-
ausziehen. Der Untersuchungsrichter wehrt ihr's mit
heftiger Gebärde.)
Timide:
HiifHinimei, nein! So nackt, wie Zolas
Nana,
Wittst Du doch nicht durch unsere S&ie
geh'n.

Therese:
Das ist jetzt Mode,
Freundciien, Monna
Vanna
Hab' ich mit Frohsinn
zu Madrid geseh'n
Und dacht'mir gieich,
ich wiit's mir dank-
bar buchen,
Wie nur ein Weib der
Racite Zweck erfülit.
Ein Princivaiii zwingt,
ihn zu besuchen,
Die Widerstrebende,
und sie — „ent-
hüllt".
Timide:
F!ait ein, iiait ein!
Nicht mag ich mit
Dir streiten.
Die Poesie der Zeit
ist ohne Scham.
Doch sag', Therese,
denkst Du noch der
Zeiten,
Da ich so oft zu Dir
diniren kam?
Wie würzten wir mit
kiugen, frohen Reden
Von Kunst und Staat
und klein' und
grossen Herr'n
Das icckre Mal. Die knusprigen Pasteten,
Denkst Du, Tiierese? ass ich gar so gern!
Therese:
Wir sprachen auch von Poiitik manch'
Wörtchen —
Du hast mir manch' geheimen Streich
erzähit.
Timide (ausweichend):
Und beim Dessert hab' ich die Mandei-
törtchen
Mir stets vor andrer Süssigkeit gewählt.
Tiierese:
Du sprachst gar frei von manchen
Deputirten,
Du wusstest böse Dinge vom Senat . . .
Timide (wie oben):
Von den Compots, die Deine Tatet zierten,
War mir das liebste— Sc!ierie-Sa!at!
Therese:
Dein spitzer Hohn umzuckte gern die
Kammer —
Auch von Loubet fiei mancher Spass
Dir ein...
Timide (wieoben):
ich hatte niemais einen Katzenjammer,
Denn Eure Weine waren schwer, doch rein.
Therese:
Zu Zeiten schien Dich Eva zu entzücken,
Du fand'st oft sehr poetischen Vergieich —
Timide (wieoben):
!ch habe nie mehr einen Hammeirücken
So engiisch-zart gegessen, wie bei Euch!
Therese:
Watdeck-Rousseau, Du sprachst es beim
Geiage,
Sei engagirt für Dreyfus' Porteepee.
Timide (wie oben):
Therese, ach, was waren das für Tage
Am grünen Bouievard de ia graude aunee!

Therese:
Siewarcn's. Wohl. Die Tage sindver-
gangen.
Dass sie es sind, wer trägt die Schuld
wollt, wer?
Und das zu fragen, hast Du mich gefangen?
Das zu bestät'gcn, iocktest Du mich her?
Timide:
Therese, nein. Midi drängt die eine Frage,
Gedenke, Freundin, ch' Du handein willst:
In Deinem Aiter und in Deiner Lage,
Ob cs wohi nütziieh ist, was Du „enüitibst".
Therese:
„Nützlich", o Freund? Mach' keine dum-
men Witze.
Timide:
Wann gait in Frankreich anderes Gebot?
Therese:
Wem nützt cs wohi, so sag's mir, dass
ich sitze?
Den Crawfords sciber nicht, denn sie sind
todt.
Timide:
Todt, sagst Du, todt? ich hab' gedruckt
getesen,
Dies Brüderpaar, das Dir Miliiouen [ieh
Undwieder nahm,sei nimmcrmehrgcwcscn.
Therese:
Ein Weiser spräche: „Doppelt gut fürsie."
Mein Wunsch ist der: Entlasst mich in
dieStiiie,
Wo Keiner kennt mich, Keiner von mir
spricht.
Spicit nicht den Princivaiii! ich enthübe
Sonst Dicli und Euch und aiie
T i tu i d e:
Lieber nicht!
Therese:
tch Hess schon manc!ics Dokument zer-
knüllen.
Timide:
Mau fand's in der Toiiette in Madrid.
Hast Du noch mehr, willst Du noch mehr
enthüben —
Mein Wort darauf, so spiel' ich nicht
mehr mit.
Paris und Frankreich freiiieh sind gefrässig.
Hungrig auf Sensationen, aber dies
fst Regei: Alles geht theatermässig
Out einstudirt in Scene zu Paris.
Wir halten auf politische Manieren,
Und die Rcgie-rung seibst führt die Regie.
So wiider Weiber keck Extcmporiren,
Das wünscht man nicht und das erlaubt
man nie.
Sohör'aufmicli. Du kennst ja die Ver-
ehrung,
Die ieh Dir freudig zotitc spät und früh:
Der Hälfte Deiner Sünden winkt Verjährung,
Die andre Häift'entsc)iu!digt Dein Genie.
Scliiag' fest den Mantei um die runden Hüften,
Entkieidungsscenen wirken liier fatal;
„Enthübe" nichts und wage nichts zu
lüften,
Monna Theresa, folg' mir in den Saal.
(Die Fiiigelthtiren springen auf, und am Arm des
Untersuchnngsrichtcrs schreitet Monna Theresakonig-
iichindenGcrichtssaai. Man sieht „dieBfinden"an
grünen Tischen sitzen und nach dem Muster jenes
Greises,der auf dem Dache sitzt,mitdcmKopiwackclu.)
M.Sp.

LUSTiGE BLATTET

No. 2.
 
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